Drittes Kapitel

[105] Es versteht sich, daß ich nicht säumte. Mein Wagen hielt – der Adresse zufolge – vor einem Pallaste, dessen Inneres der Pracht des Aeußerem vollkommen entsprach.

Eine Menge schwarzer und weißer Bedienten strömten mir entgegen, und man führte mich in einen Sallon, der mit wahrhaft asiatischer Ueppigkeit möblirt war.

Endlich erschien sie selbst in ein sehr einfaches aber äußerst reizendes Morgengewand gehüllt. Die dunkeln Haare hoch auf dem niedlichen Köpfchen befestigt, so[105] daß jede Bewegung des blendenden Halses sichtbar wurde.

Ein paar schwarze, funkelnde Augen, von zwey langen Augenbraunen umkränzt, ein aufgestülptes Näschen, ein verwegnes Rosenmäulchen, das alle Augenblicke ein paar Reihen Perlenzähne verrieth, und ein rundes, aber unbeschreiblich leichtfüßiges Figürchen – das alles, mußte ich mir gestehen, machte freylich kein regelmäßig schönes, aber doch ein höchst anziehendes Ganzes aus.

Sie setzte sich, und winkte mir, mich neben sie zu setzen. Jetzt wollte ich reden; aber sie bedeutete mir Stillschweigen, und betrachtete mich fortwährend mit einer sonderbaren, gespannten Aufmerksamkeit.

Aeußerst verlegen, wie ich diese Aufnahme deuten sollte, ergriff ich ihre Hand und ließ meine Blicke für mich sprechen, als zwey schwarze sehr prächtig gekleidete[106] Mädchen, das Eine mit dem Frühstück, das andre mit einer Laute hereintraten.

Die Laute begann und das schwarze Mädchen unterhielt uns, während des Frühstücks mit einigen sehr angenehmen Liedern, welche durch ihre schöne Stimme außerordentlich gehoben wurden. Aber jetzt winkte Gräfin B., und beyde Mädchen verschwanden.[107]

Quelle:
Karoline Auguste Ferdinandine Fischer: Gustavs Verirrungen. Leipzig 1801, S. 105-108.
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