Zweites Kapitel.

[94] Die Thüre gieng auf; es waren zwei Weiber. – Aber wie meinen Sie's denn eigentlich gnädige Frau? sagte die eine weit schlechter gekleidete.[94]

Siehst du, Anne! gab jene zur Antwort: ich habe mir's so ausgedacht. Du legst dich jetzt in's Bette, und ich halte unterdessen Emilien bei mir auf. Sobald er sie nicht mehr sieht, wird er sie hier vermuthen, und dann machst du's, wie ich dir schon gesagt habe.

Anna: Aber gnädige Frau! –

Fr. v. G. Es ist ja nur ein kleiner Schabernack!

Anna: Aber wenn er nun Licht mitbringt?

Fr. v. G. Wird er doch! Ich will schon dafür sorgen.

Anna: Aber wenn er mich nun im Finstern – verstehen Sie mich, gnädige Frau?

Fr. v. G. So wehre dich! Du hast ja wenigstens Nägel.

Anna: Ja, aber wenn er über mich nun Herr würde – ich wüßte nicht, ich wäre des Todes!

Fr. v. G. Wird er doch! das wollt' ich doch sehen, mit Gewalt!

Anna: Aber wenn nun der böse Feind sein Spiel hat? Sehen Sie, gnädige Frau! Manchmal will man und kann doch nicht! – Sie werden schon wissen, was ich sagen will. – Wenn ich nun keine Kräfte hätte?

Fr. v. G. Nun, wenn es auf's äußerste[95] kommt, so schreie, da will ich dir schon zu Hülfe kommen.

Sie redeten darauf die ganze Sache noch einmal ab. Die Dame gieng fort, und Anne setzte sich auf das Bette.

Hihi! Hihi! fieng sie an; es wird mir doch ganz kurios! – Als mein Mann seliger – Wenn mein Gesicht nicht wäre – Ich möchte es schon probiren – Aber nein! – indem sie sich in das Bette legte – Wenn er's erführe, ich glaube, er brächte mich um.

Nun, dachte Herrmann: wenn er dich sechszigjährige Grazie für Emilien halten kann! – Aber laß sehen, was das für ein Ende nehmen wird.

Quelle:
Christian Althing: Dosenstücke, Rom; Paris; London [o.J.], S. 94-96.
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