Winterabend

[16] Da draußen schneit es: Schneegeflimmer

Wies heute mir den Weg zu dir;

Ein tret' ich in dein traulich Zimmer,

Und warm ans Herze fliegst du mir –

Ab schüttl' ich jetzt die Winterflocken,

Ab schüttl' ich hinterdrein die Welt,

Nur leise noch von Schlittenglocken

Ein ferner Klang herübergellt.


»Nun aber komm, nun laß uns plaudern

Vom eignen Herd, von Hof und Haus!«

Da baust du lachend, ohne Zaudern,

Bis unters Dach die Zukunft aus;

Du hängst an meines Zimmers Wände

All meine Lieblingsschilderein,

Ich seh's und streck' danach die Hände,

Als müss' es wahr und wirklich sein.


So flieht des Abends schöne Stunde,

Vom fernen Turm tönt's Mitternacht,[16]

Die Mutter schläft, in stiller Runde

Nur noch die Wanduhr pickt und wacht.

Ade, ade! von warmen Lippen

Ein Kuß noch, – dann in Nacht hinein:

Das Leben lacht, trotz Sturm und Klippen,

Nur Steurer muß die Liebe sein.


Quelle:
Theodor Fontane: Sämtliche Werke. Bd. 1–25, Band 20, München 1959–1975, S. 16-17.
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