Zueignung zur zweiten Auflage [1814]

Undine, liebes Bildchen du,

Seit ich zuerst aus alten Kunden

Dein seltsam Leuchten aufgefunden,

Wie sangst du oft mein Herz in Ruh!


Wie schmiegtest du dich an mich lind,

Und wolltest alle deine Klagen

Ganz sacht nur in das Ohr mir sagen,

Ein halb verwöhnt, halb scheues Kind.


Doch meine Zither tönte nach

Aus ihrer goldbezognen Pforte

Jedwedes deiner leisen Worte,

Bis fern man davon hört' und sprach.


Und manch ein Herz gewann dich lieb,

Trotz deinem launisch dunklen Wesen,

Und viele mochten gerne lesen

Ein Büchlein, das von dir ich schrieb.


Heut wollen sie nun allzumal

Die Kunde wiederum vernehmen.

Darfst dich, Undinchen, gar nicht schämen;

Nein, tritt vertraulich in den Saal.


Grüß sittig jeden edlen Herrn,

Doch grüß vor allen mit Vertrauen

Die lieben, schönen deutschen Frauen;

Ich weiß, die haben dich recht gern.


Und fragt dann eine wohl nach mir,

So sprich: »Er ist ein treuer Ritter,

Und dient den Fraun mit Schwert und Zither

Bei Tanz und Mahl, Fest und Turnier.«
[40]

Quelle:
Friedrich de la Motte Fouqué: Romantische Erzählungen. München 1977, S. 40-41.
Lizenz:
Kategorien:
Ausgewählte Ausgaben von
Undine
Undine: Berlin 1811
Undine: Ein Märchen der Berliner Romantik (insel taschenbuch)
Undine: ... und andere Erzählungen
Undine
Undine