Zwei Könige

[19] Zwei Könige saßen auf Orkadal,

Hell flammten die Kerzen im Pfeilersaal.


Die Harfner sangen, es perlte der Wein,

Die Könige schauten finster drein.


Da sprach der eine: »Gib mir die Dirn'!

Ihr Aug' ist blau, schneeweiß ihre Stirn.«


Der andre versetzte in grimmem Zorn:

»Mein ist sie und bleibt sie, ich hab's geschworn.«


Kein Wort mehr sprachen die Könige drauf,

Sie nahmen die Schwerter und stunden auf.


Sie schritten herfür aus der leuchtenden Hall';

Tief lag der Schnee an des Schlosses Wall.


Es sprühten die Fackeln, es blitzte der Stahl -

Zwei Könige sanken auf Orkadal.

Quelle:
Emanuel Geibel: Werke, Band 1, Leipzig und Wien 1918, S. 19-20.
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