Wind und Glück

[264] Stets, wenn das Segel zur Fahrt nur schlaff hing, hört' ich den Bootsmann

Pfeifen; begierig gemacht, fragt' ich ihn einst um den Grund.

Doch er bedeutete mich schlau lächelnd: »Der Wind ist ein Vogel,

Welcher gelockt sein will.« Sagt' es und flötete fort.

Und so sing' ich gefaßt mein Lied in schwererer Zeit nun,[264]

Da mich das Leben bedrückt. Ist doch das Glück wie der Wind,

Flattert geflügelt umher in der Luft und harret des Lockrufs;

Komm, Glücksvogel! Den Weg zeigt dir der leise Gesang.

Quelle:
Emanuel Geibel: Werke, Band 1, Leipzig und Wien 1918, S. 264-265.
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