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[286] Ins Gebirg' am frühen Tag
Schritt ich aus des Weidmanns Hütte,
Wo der Freund auf seiner Schütte
Noch in tiefem Schlummer lag.
Und ich dacht' im Morgenrot:
Ruht dem Schlaf anheimgegeben
Er nicht lebend ohne Leben?
Nicht ein Toter ohne Tod?
Liegt vom ird'schen Druck besiegt
Willenlos nicht hier die Hülle,
Während halbgelöst die Fülle
Seines Geists im All sich wiegt?
Dennoch braucht's nur meiner Hand
Einen Druck, und rasch vereinet
Knüpft sich, was so locker scheinet,
Zwischen Geist und Leib das Band.
Der erloschne Blick wird glühn,
Zucken wird der Muskeln jede,
Und der Geist in holder Rede
Von den stummen Lippen sprühn.
In dies Wunder noch versenkt,
Trat ich in die Nacht der Eichen,
Die, sich wipfelnd, mit den reichen
Schatten rings den See beschränkt.
Horch, da weht' es, horch, da ging
Leis Geräusch im Grün des Haines,
Fast als wär's das Atmen eines,
Welchen tiefer Schlaf befing.
Seltsam sah der See mich an,
Wie ein stummes Auge schmachtet,
Wenn das kranke Haupt umnachtet
Todverwandter Starrheit Bann.[287]
Und durch Blume, Laub und Strauch
Wob es leise hin und wieder,
Wie durch traumgebannte Glieder
Ein verlorner Seelenhauch.
Ja, ich spürt' im Waldrevier,
In der Flut ein ahnend Beben -
Hier auch Leben sonder Leben,
Tod, doch sonder Tod auch hier.
Und mir ward es: Die Natur
Schläft, gebannt in ihren Kreisen;
Aus dem Traum in dunkeln Weisen
Redet ihre Sehnsucht nur.
Aber einst erscheint der Tag,
Wo das Wunder sich entdecket,
Und der Herr zur Sprache wecket,
Was in stummen Banden lag.
In das Starre wunderbar
Wird der Geist sich dann ergießen
Und lebendig Leben fließen,
Wo nur Bild und Zeichen war.
Heilig Feuer muß mit Macht
Den besiegten Stoff durchleuchten;
Milde Seele glüht im Feuchten,
Ros'ge Dämmrung wird die Nacht.
Und was dumpfverworren klang,
Wie ein Ruf aus dunkeln Träumen,
Aus Gestein, aus Well' und Bäumen,
Flutet weiter als Gesang.
Dann lobpreisend im Azur
Ziehn die Stern' als Bruderwesen,
Und es jauchzt in Gott genesen
Die erlöste Kreatur.
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