II

[71] Ihr kündigtet dem Gott von einst die liebe –

Nun zeigt er sich mit rachevoller braue:

Ihr nanntet joch mein kostbares gesetz

Ihr lasst mein haus zu beugungen zu stolz.


Neigt ihr euch jezt nicht schmählicherem dienste?

Ermattet er nicht die gewundnen arme

Mehr als die klanges-kette die ihr bracht?

Ruft ihr nach gnade nicht und wacht und weint?


Ja wie wir einst voll demut und verlangen

Uns zu des Heilands blutigen füssen bückten

So knien wir huldigend dem neuen Gott

Und zittern und verzückung wie zuvor


Erhöhen uns doch andere rnitgefühle

Verzehrender und weniger verzichtend

Wenn schweres licht des beter-abends sinkt

In gold und purpurscheiben unsres doms.[71]

Quelle:
Stefan George: Der Teppich des Lebens und die Lieder von Traum und Tod. Gesamt-Ausgabe der Werke, Band 5, Berlin 1932, S. 71-72.
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