CARL AUGUST

[27] Du weisst noch ersten stürmejahrs gesell

Wie du voll trotz am zaun den hagelschlossen

Hinwarfst den blanken leib auf den blauschwarz

Die trauben hingen? wie wir beide fuhren

Durch manche finstre bahn · von grausigem lager

Uns hoben und dann rein die dämmerung grüssten?

Wir stets um einen zarten blick in fieber

Bis uns ein tempelwort zum werk berief.


Spross deiner erde mit ergiebigem drang

Und lockerer tiefe der allein dem bund

Wo mancher zierde war nicht durfte fehlen ·

Mit dem verschollenen blinden folgermut

Der dient · nach ziel und eignem heil nicht fragend ·

Der schlicht von dannen geht sobald er fürchtet

Er tauge minder – dank und sold verschmäht

Und ohne ruhm ins dunkel untertaucht.[28]


Dann spannte dich die pflicht – vielleicht ein wahn –

In hartes joch das deine jugend drückte ·

Als jeder seines gartens beste früchte

Einsammeln ging warst du gehemmt in fron.

Maasslos im opfer · sankst du immer tiefer

Ins martertum .. wo alle leichthin schlüpfen

Aus innrer fessel: sahst du dich verderben

Und ehrtest noch der frommen bindung fug.


Du darfst den tadlern rufen aus den trümmern:

Was tut wenn von den tausend einer mehr

Mit kargem pfunde wuchert · seine frachten

In sichre winkel birgt und weises redet:

Dieweil das mark das alle speist vermürbt!

Was gilt mein kleines leben das zerschellt

Am klippenrand · wenn aufrecht bleibt im wind

Von unsrem stamm die unverbrochne treue!

Quelle:
Stefan George: Der siebente Ring. Gesamt-Ausgabe der Werke, Band 6 / 7, Berlin 1931, S. 27-29.
Lizenz:
Kategorien:
Ausgewählte Ausgaben von
Der siebente Ring
Der Siebente Ring
Sämtliche Werke in 18 Bänden. Bd. 6/7: Der siebente Ring
Der siebente Ring