WELLEN

[90] Ihr wellen bracht euch erst an blauen kieseln

Im waldestal wo sich die wege zwieseln.


Als bäche rolltet ihr durch sonniges land ·

Verspriztet weinend am umgrünten strand.


Dann hat euch unter blitz und eisigen schlossen

Der fluss zur grossen flut hinausgestossen.


Am myrtenfels habt ihr euch wild gebäumt ·

Auf unfruchtbarem sand seid ihr verschäumt.


Ihr spültet mit perlmutterfarbne leiber ·

Ihr waret glückerfüllter lasten treiber ·


Bis euch der sturm in weite öden jug ·

An riff und klippe gellend euch zerschlug.


Nun werdet ihr in unsichtbarem schlunde

Dahin gewälzt nicht wissend mehr von stunde


Von trieb und ziel · nicht mehr von wind und lee

Als uferlose ströme durch die see.

Quelle:
Stefan George: Der siebente Ring. Gesamt-Ausgabe der Werke, Band 6 / 7, Berlin 1931, S. 90-91.
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Sämtliche Werke in 18 Bänden. Bd. 6/7: Der siebente Ring
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