LOBGESANG

[91] Du bist mein herr! wenn du auf meinem weg ·

Viel-wechselnder gestalt doch gleich erkennbar

Und schön · erscheinst beug ich vor dir den nacken.

Du trägst nicht waffe mehr noch kleid noch fittich

Nur Einen schmuck: ums haar den dichten kranz.

Du rührest an – ein duftiger taumeltrank

Befängt den sinn der deinen odem spürt

Und jede fiber zuckt von deinem schlag.

Der früher nur den Sänftiger dich hiess

Gedachte nicht dass deine rosige ferse

Dein schlanker finger so zermalmen könne.

Ich werfe duldend meinen leib zurück

Auch wenn du kommst mit deiner schar von tieren

Die mit den scharfen klauen mäler brennen

Mit ihren hauern wunden reissen · seufzer

Erpressend und unnennbares gestöhn.

Wie dir entströmt geruch von weicher frucht[92]

Und saftigem grün: so ihnen dunst der wildnis.

Nicht widert staub und feuchte die sie führen ·

Kein ding das webt in deinem kreis ist schnöd.

Du reinigst die befleckung · heilst die risse

Und wischst die tränen durch dein süsses wehn.

In fahr und fron · wenn wir nur überdauern ·

Hat jeder tag mit einem sieg sein ende –

So auch dein dienst: erneute huldigung

Vergessnes lächeln ins gestirnte blau.[93]

Quelle:
Stefan George: Der siebente Ring. Gesamt-Ausgabe der Werke, Band 6 / 7, Berlin 1931, S. 91-95.
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Sämtliche Werke in 18 Bänden. Bd. 6/7: Der siebente Ring
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