XXIV

[30] Mein auge ward zum maler und es fasst

Auf meines herzens grund dein konterfei.

Mein körper ist der rahmen drin es passt:

Als täuschung ist es beste malerei.


Denn um dein wahres bild zu finden musst

Du durch den maler sehn ders hergestellt.

Stets hängt es in der werkstatt meiner brust:

Ihr fenster ist dein aug das sie erhellt.


Sieh: aug und aug wie dienen sie sich fein!

Mein aug schuf deine form · deins ist für mich

Das fenster meiner brust wo sonnenschein

Froh durchschaut · denn er schaut darin auf dich.


Jedoch Ein kunstgriff bleibt dem auge fern:

Es malt nur was es sieht · kennt nicht den kern.[30]


Quelle:
George, Stefan: Shakespeare. Gesamt-Ausgabe der Werke, Band 12, Berlin 1931, S. 30-31.
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