Sechste Begebenheit

von einem schwangern Weib, welche, als ihr eine Hexe an den Bauch gegriffen, alsbald sprachlos und aller Kräfte verlustig wurde, wie auch im Bauch schreckliche Schmerzen erlitten und endlich, nachdem sie durch den Stuhl Dornen, Beiner, Stücklein Holz und anders von sich gegeben, wieder gesund wurde.

[378] Ein schwangeres Weib in dem Straßburger Gebiet, welche von einer Hebamme inständig angesprochen wurde, daß sie, wenn die Zeit der Geburt vorhanden wäre, ihr rufen und das Kind empfangen lasse. Weil sie nun wußte, daß diese Hebamme eine Hexe war, ließ sie selbige mit schmeichelhaften Worten und Versprechungen von sich, und befahl bei instehender Geburt eine andere zu holen. Daher geschah es, daß dieses unglückliche Weib, willens, wie man im Sprichwort sagt, den Wirbel zu vermeiden, in den Strudel gefallen und versunken, denn die Hexe, so solches sehr übel aufnahm, ging einmal in der Nacht mit zwei andern Weibern zu ihr in das Haus und trat vor die Schlafkammer der Wöchnerin, welche selbige ersehend, ganz erschrocken zu schreien anfangen wollte und ihrem Mann, der in der andern Kammer lag, zurufen, aber sie verlor alsbald die Sprache und die Kräfte verfielen also, daß sie keinen Fuß rühren konnte. Die Hexe aber, als sie ihr zuvor wacker gezankt und geflucht, ihr vorwerfend, daß sie zu ihr zu holen verweigert hätte, sagte endlich, sie wolle ihr etliche Sachen in ihren untern Leib zaubern, welche ihr zwar 6 Monate lang unschädlich seyn[379] sollen, damit sie ein andermal andern Weibern, die vor sie bitten, gehorche, nach solcher Zeit aber große Schmerzen verursachen würde. Tritt also noch näher zu ihr und greift ihr mit der Hand an den Bauch; kaum als sie hinausgegangen und der Kindbetterin die Sprache wieder gekommen war, steht sie auf und erzählt ihrem Mann alles, was sich begeben hatte, der ihr aber keinen Glauben schenkt und solches nur den Mutterdämpfen und leeren Weiber-Einbildungen zuschreibt. Nichts destoweniger aber, als sechs Monate verflossen, begannen sie in dem untern Leib solche unsägliche Schmerzen zu martern, zu reißen und zu plagen, daß sie Tag und Nacht schreien mußte, bis endlich eines Tags, als sie den Stuhl verrichten wollte, mit großen Schmerzen Dornspitzen, Beiner, Stücklein Holz und viele andere Sachen durch s. h. den Hintern von ihr weggegangen, nicht ohne große Verwunderung ihres Mannes und anderer Zuschauenden, worauf sie von aller Qual und Schmerzen entledigt worden. Baptist. Codronchus de Morb. Venefic. ac Veneficiis Libr. II. cap. 3.

Quelle:
Glorez, Andreas: Des Mährischen Albertus Magnus, Andreas Glorez, Klostergeistlicher und Naturkundiger. Regensburg und Stadtamhof: 1700 [Nachdruck Freiburg am Breisgau 1979], S. 378-380.
Lizenz:
Kategorien: