Der Sprosser

[222] In einem Saal', wo Affen, Papageyn,

Und Vögel aller Art, zur Lust des Fürsten saßen,

Sperrt man auch einen Sprosser ein.

Die Vögel lachen, schwatzen, spaßen,

Der Sprosser nur mischt nie sich mit hinein.

Drob wundert sich ein Cacadoux;

Die Neugier plagt ihn, nachzufragen.

»Was fehlt denn dir? du hörst nur immer zu?

Beliebt dir's nicht, einmal zu schlagen?

Kurzweile gibt's doch hier genug,

Auch läßt es ja der Fürst an Futter uns nicht fehlen;[223]

Und doch mit Langerweil' am Hofe sich zu quälen!

Sehr Sonderbar!«

Drum ist er auch nicht klug!

(Lacht hier dem Cacadoux ein Aeffchen in die Ohren;)

Die Stimm' hat er dazu verloren,

Sonst pfiff' er uns gewiß genug,

Man kennt ja sonst die Eitelkeit der Thoren.

Nein, sprach der Sprosser, guter Cacadoux!

Possierlichkeiten, und in einem Nu

Von Tausend Dingen schwatzen, sind ein eigen

Talent! Der Affe springe, schimpfe du!

Allein für mich geziemt sich's hier – zu schweigen.

Und die Moral, Höflinge, denkt hinzu.

Quelle:
Leopold Friedrich Günther von Goeckingk: Gedichte. Teil 1–4, Teil 3, Frankfurt a.M. 1821, S. 222-224.
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