Constantia, eine schöne Gegend bei C–g

[250] Constantia! du tief verstecktes Thal,

Das dunkle Büsche rund umkränzen,

Erhelle dich, und laß im Mondenstrahl'

Die weißen Felsenwände glänzen,

Denn sieh! dein alter Freund ist da,

Constantia!

Die halbe Welt durchstrich Tavernier,

Die Werke der Natur zu schauen;

Den Preis behielt zuletzt der Genfer See.

Auch ich sah ihn; doch Copet's Auen

Zog ich dich vor, als ich dich sah,

Constantia![251]

O wie viel lieber hört' ich deinen Bach

Sanft rieseln, als den Rheinfall toben!

Und schlugen deine Nachtigallen: ach!

Weit über Welt und Glück erhoben

Dünkt' ich Unglücklicher mich da,

Constantia!

Mag er berühmt und noch so theuer seyn

Der Berg, der deinen Namen führet1,

Und gibt er gleich den Fürsten süßern Wein,

Als ganz Germanien gebieret:

Ich nähme, läg't zur Wahl ihr da,

Constantia!

Durch deine Büsche wird zum letztenmal

Heut Zephyr meine Seufzer wehen.

Und künftig wirst du, mein geliebtes Thal,

Von mir verlassen, einsam stehen;

Werd' ich dich wieder schauen? – Ja!

Constantia!

Fußnoten

1 Auf dem Vorgebirge der guten Hoffnung.


Quelle:
Leopold Friedrich Günther von Goeckingk: Gedichte. Teil 1–4, Teil 4, Frankfurt a.M. 1821, S. 250-252.
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