Fünfter Auftritt.

[11] Vorige, Beatrice in Mannskleidern.


BEATRICE. Mein Herr Pandolfo! Ihre verbindlichen Briefe und diese Aufnahme sind schwer zu vereinigen. Ich lasse um Erlaubnis bitten, Ihnen aufzuwarten, und –

PANDOLFO. Ich bitte um Verzeihung – sehr um Verzeihung! – Aber wer sind Sie, mein Herr?

BEATRICE. Federigo Rasponi von Turin, Ihnen zu dienen.


Alle erstaunen.


TEBALDO für sich. Was seh' ich? es ist Beatrice, Rasponis Schwester.

PANDOLFO. Sie sehen unser Erstaunen! – Man hält Sie für tot und begraben, und –

BEATRICE. Ich weiß, daß man das glaubt. Aber dem Himmel sei Dank, ich ward nur verwundet; und kaum genesen, eilte ich hierher, mein Versprechen zu erfüllen.

PANDOLFO. Ich weiß nicht, was ich sagen soll! – Sie haben ein ehrliches Gesicht – und ich habe sichere Briefe, daß Herr Rasponi tot ist – daher – wenn nicht klare Beweise –

BEATRICE. Nicht mehr wie billig. – Hier sind vier Briefe von Ihren Korrespondenten; einer davon ist von dem Vorsteher unserer Bank – Sie kennen die Hand; überzeugen Sie sich.

PANDOLFO liest heimlich mit dem Doktor.

TEBALDO. Signor Rasponi! erlauben Sie, Ihnen zu Ihrer Wiedergenesung Glück zu wünschen!

BEATRICE. Was seh' ich! Sind Sie nicht –

TEBALDO. Tebaldo, und Ihr ergebenster Diener!

BEATRICE leise. Ums Himmels willen! verraten Sie mich nicht; diese Börse hat Zwillingsbrüder. Sie steckt ihm einen Beutel zu.

TEBALDO leise. Also Drillinge? gehorsamer Diener! Laut. Ich freue mich herzlich, daß das Gerücht falsch ist, und daß ich Sie so wiedersehe. Ich bin hier Wirt vom »Goldenen Pfau«; wollen Sie bei mir abtreten, so steh' ich für die beste Bedienung.

BEATRICE. Wo kann ich besser als bei Ihnen aufgehoben sein. Mein Koffer ist noch auf dem Posthause.

PANDOLFO. Lieber Herr und Freund! es ist gewiß, daß Herr Rasponi mir diese Briefe übergeben sollte; und da Sie sie mir übergeben, sollten Sie eigentlich Herr Rasponi sein.

DOKTOR. Nego consequentiam.

BEATRICE. Wenn Sie noch Zweifel haben, so ist hier Herr Tebaldo, auf dessen Zeugnis ich mich berufe.[11]

TEBALDO. Ich hafte mit Haus und Hof, daß dieser Herr sich Rasponi nennt, und es ist. Für sich. Eine einzige Lüge für einen Beutel Dukaten! gut bezahlt.

PANDOLFO. Ha, nun sind alle meine Zweifel verschwunden, und ich heiße Sie von Herzen willkommen im Lande der Lebendigen und in meinem Hause! Was sagen Sie dazu, Herr Schwager in Hoffnung?

DOKTOR. Ich sage, daß es sehr unglücklich ist, daß die Toten aus den Gräbern steigen, um unsere Verwandtschaft zu hindern.


Quelle:
Goldoni, Carlo: Der Diener zweier Herren. Halle a. d. S. [o. J.], S. 11-12.
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Diener zweier Herren. Nach der Komödie von Carlo Goldoni