Erster Auftritt.

[426] Auf einer Seite eine Felsengrotte, deren Eingang mit Muscheln und Korallenzweigen geziert ist; auf der andern ein Wald mit einzelnen Sitzen von Rasen, oder abgehauenen Stämmen. Die Aussicht auf das Meer ist von Bäumen und Felsen begränzt. Weiter vor ein Grabhügel mit einem Denkmal von Bruchsteinen, in Form eines Altars.


MIRANDA ist beschäftigt Blumen, die sie in ihrem aufgeschürzten Gewande trägt, auf das Grab zu streuen.

Arie.


Sterbt auf meiner Maja Grabe,

Blumen, meine ganze Haabe,

Blumen, ihr zur frommen Gabe

Von der Wehmuth hingestreut!

Ach! und du, zu der in Thränen

Meine Blicke sich erheben,

Maja! höre, wie mein Sehnen,

Deinem Fluge nachzustreben,[426]

Jeden Morgen sich erneut!

Sterbt auf meiner etc.


Sie stürzt sich weinend auf das Denkmal.


GEISTERCHOR unsichtbar.

Wolken verschweben;

Tiefer ins Leben

Hoffend zu schauen,

Lindert den Schmerz;

Stilles Vertrauen

Heilet das Herz.

MIRANDA die sich während dieses Gesanges wieder aufgerichtet und in sanfter Begeisterung zugehört hat. Ich danke euch, ihr mitleidigen Geister! Eure Lehre sey mir heilig! Ich will meine Thränen abtroknen. Ich bin es einem Vater schuldig, der mich liebt. Er hat eignen Kummers genug. Er kömmt! O daß es mir gelänge, ihn aufzuheitern![427]


Quelle:
Johann Friedrich Reichardt: Die Geisterinsel, in: Friedrich Wilhelm Gotter: Literarischer Nachlass, Gotha 1802, S. 419–564, S. 426-428.
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