[52] Arsene. Phönice. Pharnaces.
PHARNACES.
Vernimm mich, Königinn, und fleuch mich nicht so sehr!
ARSENE.
Verfolgst du mich auch hier? und quälst du mich noch mehr?
Erweckt des Bruders Tod und ein gerechtes Sehnen,
Das meine Brust erfüllt, mir nicht schon tausend Thränen?
PHARNACES für sich.
»Du kennst dich selbst noch nicht, und weist nicht wer du bist!
Ich spüre, daß das Glück mir doch noch günstig ist.«
Zu ihr.
Du siehst mich, Königinn, von Zorn und Grimm entflammet:
Du bist in Utika von jedermann verdammet.
Die Römer, Cato selbst, verschweren sich zugleich,
Und rauben dir bereits des Vaters Thron und Reich.
Ich überlasse sie hinführo Cäsars Ketten:
Was soll ich länger noch die Undankbaren retten?
Komm, Schönste, fleuch mit mir die Ungerechtigkeit![52]
Mein Heer erwartet uns: die Flotte steht bereit,
Uns bald, ja ungesäumt an jenen Strand zu führen,
Allwo dein Wort und Wink ganz unumschränkt regieren.
ARSENE.
Den Cato klagst du an? Kann das wohl glaublich seyn?
Was er von mir beschließt, das geh ich alles ein!
Das Laster zittert nur, wenn uns die Tugend schützet.
Ich weis auch schon, wer sich durch Trug und List beschmitzet!
Ein Maul, das Bosheit liebt, an Tücken fruchtbar ist,
Und sonder Büberey fast nie die Lippen schließt,
Will mich aus Utika durch Hinterlist entführen,
Und nachmals ohne mich der Parther Reich regieren.
Pharnaz, was stört dich so? Was gilts? daß mein Verdacht
Den Kläger furchtsamer, als den Beklagten macht.
PHARNACES.
Getrost! was zwing ich mich? Was darf ein Weib mich quälen?
Es kostet nur ein Wort, ich darf ja nur befehlen!
ARSENE.
Du gründest dich vieleicht auf das versprochne Band?
Ach! ich verfluchte stets dergleichen Ehestand;
Und wußte doch noch nicht, daß durch dein kühnes Morden,
Mein eigner Bruder war ins Grab gestürzet worden.[53]
Vergebens ward von dir die Frevelthat versteckt.
Die Zeit, die alles lehrt, hat sie auch mir entdeckt:
Ich weis, was du gethan, und muß dich ewig hassen!
Es mag das Schicksal mich nur ganz und gar verlassen;
Ihr Götter! gießt nur, gießt auf meines Vaters Haus,
Und auf mein eigen Haupt den vollen Eifer aus:
Das alles wird und soll mich nicht so sehr betrüben;
Darf ich nur nicht an dir den Brudermörder lieben.
Nein, du wirst nimmermehr mein Freund und Bräutigam!
Mein Herz ist voller Haß, und bleibt dir ewig gram,
Und würde doppelt froh vor Glück und Wohlfahrt blühen,
Könnt ich aus eigner Macht nur dich zur Strafe ziehen.
PHARNACES.
Prinzessinn! bändige den allzu kühnen Mund,
Sonst wird dir endlich noch Pharnaces Rache kund.
Buchempfehlung
Die beiden »Freiherren von Gemperlein« machen reichlich komplizierte Pläne, in den Stand der Ehe zu treten und verlieben sich schließlich beide in dieselbe Frau, die zu allem Überfluss auch noch verheiratet ist. Die 1875 erschienene Künstlernovelle »Ein Spätgeborener« ist der erste Prosatext mit dem die Autorin jedenfalls eine gewisse Öffentlichkeit erreicht.
78 Seiten, 5.80 Euro
Buchempfehlung
1799 schreibt Novalis seinen Heinrich von Ofterdingen und schafft mit der blauen Blume, nach der der Jüngling sich sehnt, das Symbol einer der wirkungsmächtigsten Epochen unseres Kulturkreises. Ricarda Huch wird dazu viel später bemerken: »Die blaue Blume ist aber das, was jeder sucht, ohne es selbst zu wissen, nenne man es nun Gott, Ewigkeit oder Liebe.« Diese und fünf weitere große Erzählungen der Frühromantik hat Michael Holzinger für diese Leseausgabe ausgewählt.
396 Seiten, 19.80 Euro