[15] 1.
So offt die grimme noth/
So offt der herbe spott/
So offt der bläiche todt
Auff meine Seele sich verschworen:
Wen aller trost verschwandt:
Hab ich hertz aug vndt handt
Zu Gott der hellffer heist/ gewendet?
Die seufftzer die ich ihm gesendet/
Die stiegen ihm nach beiden ohren.
2.
Mein seuftzen/ meine bitt'
Erweichte sein gemütt/
Das er/ der brun der gütt/
Vom himmel auff mein elend sahe.
Es sahe meinen schmertz
Sein ewigtrewes hertz/
Erzog mich aus der wehmüt strickẽ.
Ja wen ich wolt' in angst ersticken:
War er mitt seinem beistandt nahe.
3.
Herr der du mich erhört/
Wen dich mein Geist geehrt.
Wie das mich itzt versehrt/
Der natterzungen tolles zischen?
Soll mich den jede stundt/
Der falschen läster mundt
Das lügen-reiche maul verletzen?
Mein Gott! wen wirstu mich ergetzen/
Vndt diese threnen mir abwischen?
4.
Mag was mitt dieser pein/
Woll zuvergleichen sein?[16]
Sie rent durch marck vndt bein/
Als wen ein pfeill vom bogen fehret.
Wie wen die lichte macht
Der donnerflamm' erkracht/
Vndt die wacholder streuch' anzündet/
Das eilendt ast vndt laub verschwindet/
Vndt strumpf/ vndt würtzel gantz verzehret.
5.
Ach! soll ich dieses landt
In das du mich verbandt/
Da als dein grim' entbrandt
Mein Heilandt länger noch bewohnen!
O führe mich von hier:
Herr soll ich für vndt für
Bey Mesech vndt bey Kedar sitzen!
Was kan dir doch mein elendt nützen?
Ach Herr/ kom vndt fang' an zu schonen.
6.
Ich habe meine zeit
In frembder dinstbarkeit/
In wehmutt/ ach vndt leidt/
Bis auff den augenblick verschwendet/
Ich sehne mich nach ruh/
Sie richten hader zu
Kom führe mich/ wo ich dis leben/
Nur kan zu deinem dinst hingeben/
Bis meine Bilgramschafft vollendet.
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