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[67] Michael. Die trabanten. Leo. Theodosia.
TRABANTEN.
Nun fort! die zeit verlauft.
MICHAEL.
Wohlan! so last uns gehen,
Und zwar allein, in dem kein freund wil bey uns stehen.
Ach freunde sonder treu! Ach nahmen sonder that!
Ach tittel, sonder nutz! Ach beystand sonder rath!
Ach freunde! freund in glück! Ach dass wir euch doch ehren!
Verflucht, wer sich den wahn der freundschaft läst bethören!
Verflucht, wer auf den eyd der leichten menschen baut!
Verflucht, wer auf den mund und auf versprechen traut!
Ich sterb, um dass ich die vor mehr denn redlich schätzte,
Für die ich mich gewagt, der, den mein degen setzte
Auf Constantinus thron, setzt mich auf diesen stoß!
Der fürst, vor den mein blut aus allen adern floss,
Schenckt mir diß holtz zu lohn! Wie hoch bin ich gestiegen,
Dass auch die aschen selbst wird durch die lüfte fliegen!
Wie wohl hab ich die zeit und wunden angewandt!
Ach! dass der lichte pfeil der donner mich verbrandt,
Als ich, da noch ein kind, von hause ward gerissen,
Eh ich die glieder lernt in harten stahl verschließen![67]
Eh ich das schwerdt ergriff und durch die waffen drang!
Eh ich mit flamm und spieß der feinde wall besprang!
Ach! dass mich doch ein held, dass mich ein mann erleget!
Ach! dass mein wündschen euch, die ihr mich schaut, beweget!
Kommt freunde! stost ein schwerdt! stost durch die bloße brust!
Diß bitt ich! Feinde kommt! ersättigt eure lust
Und stost ein schwerdt durch mich! Ich will es beyden dancken.
Vergebens wündscht, wer schon in die gedrange schranken
Des rauhen todes laufft. Wol an denn! kommt und lehrt
Ihr, die ihr fürsten hoch und gleich den göttern ehrt,
Die ihr durch herren gunst wollt in den himmel steigen,
Wie bald sich unser ruhm6 müss in die aschen neigen!
Wir steigen, als ein mensch, dem man den halß abspricht,
Auf den gespitzten pfahl, der seinen leib durchsticht.
Wir steigen als ein rauch, der in der lufft verschwindet;
Wir steigen nach dem fall, und wer die höhe findet,
Findt, was ihn stürtzen kan.
TRABANTEN.
Die weißheit lehrt der tod!
MICHAEL.
Was mich mein holtzstoß lehrt, das lehr' euch meine noth:
Wer steht, kan untergehn! Ich will mich selbst entkleiden!
Last uns denn unverzagt des himmels schluss erleiden!
Du aller städte zier! Beherrscherin der welt!
Die ich durch so viel angst in stoltze ruh gestellt,
Ade! dein held vergeht! Du zeuge meiner siege,
Du güldnes licht, ade! Du, durch mich offt im kriege
Mit fleisch bedecktes land, das meine faust gefüllt
Mit leichen, hirn und bein, das ich mit spieß und schild
Und tartschen offt gepflügt, sey, nun der tod begegnet,[68]
Zu guter nacht gegrüßt, zu guter nacht gesegnet!
Ihr geister! die die rach ihr hat zu dienst erkiest,
Wofern durch letzten wundsch was zu erhalten ist,
Wo einer, der itzt stirbt, so fern euch kan bewegen,
Wofern ihr mächtig, angst und schrecken zu erregen,
So tag ich euch hervor aus eurer marter höl,
Wo nichts denn brand und ach gönnt der betrübten seel,
Was nicht zu wegern ist! Es müsse meine schmertzen
Betrauren, der sie schafft, und mit erschrecktem hertzen
Den suchen, den er brennt! Es müsse meine glut
Entzünden seine burg! Es müss aus meinem blut,
Aus dieser glieder asch, aus den verbranten beinen,
Ein rächer aufferstehn und eine seel erscheinen,
Die voll von meinem muth, bewehrt mit meiner hand,
Gestärckt mit meiner krafft in den noch lichten brand,
Der mich verzehren muss, mit steiffen backen blase!
Die mit der flamme tob und mit den funcken rase,
Nicht anders als dafern die schwefel-lichte macht
Durch wolck und schlösser bricht, der schwere donner kracht!
Die mir mit fürsten-blut so eine grabschrifft setze,
Die auch die ewigkeit in künfftig nicht verletze.
TRABANTEN.
Weicht ihrer majestät!
LEO.
Dein wündschen werd erfüllt,
Mein leben! Aber, ach! dass hier kein warnen gilt!
Du wirst die stunde noch, du wirst die gunst verfluchen
Und schelten, was wir thun, auf dein so hoch ersuchen.
Schließt den verdammten mann in starcke ketten ein,
Weil schon das fest anbricht! Besetzt den rauen stein
Des kerckers um und um mit hütern auf das beste!
Verräther kann man nicht verwahren gar zu feste.
[69]
Reien der höflinge.
1. O du wechsel aller dinge!
Immerwährend' eitelkeit!
Laufft denn in der zeiten ringe
Nichts mit fester sicherheit?
2. Gilt denn nichts als fall und stehen,
Nichts denn cron und hencker-strang?
Ist denn zwischen tieff und höhen
Kaum ein sonnen untergang?
3. Ewig wanckelbares glücke!
Siehst du keine zepter an?
Ist denn nichts, das deinem stricke
Auf der welt entgehen kan!
4. Sterbliche! was ist dis leben,
Als ein gantz vermischter traum?
Diß was fleiß und schweiß uns geben,
Schwindet als der wellen schaum!
5. Printzen! Götter dieser erden!
Schaut, was vor euch knien muss!
Offt eh es kan abend werden,
Kniet ihr unter fremden fuß!
6. Auch ein augenblick verrücket
Eurer und der feinde thron,
Und ein enges nun, das schmücket,
Die ihr hasst, mit eurer cron!
7. Ihr, die mit gehäufften ehren
Ihm ein fürst verbunden macht,
Wie bald kan man von euch hören,
Dass ihr in die ketten bracht!
8. Arme! sucht doch hoch zu steigen!
Eh der ruhm euch recht erblickt,
Müsst ihr haupt und augen neigen,
Und der tod hat euch bestrickt.
9. Pocht, die ihr die welt erschüttert,[70]
Pocht auf eurer waffen macht!
Wenn die lufft was trübe wittert,
Wird die schwache faust verlacht.
10. Dem metalle zugeflossen,
Dem der Tagus schätz anbot,
Bat offt, eh der tag geschlossen,
Um ein stücke schimlend brodt.
11. Schöne, die schnee-weißen wangen,
Die die seelen nach sich ziehn.
Des gesichtes edles prangen
Heist ein schlechter frost verblühn.
12. In dem wir die jahre zehlen
Und nach hundert erndten sehn,
Muss es an der stund uns fehlen.
Clotho rufft, es sey geschehn.
13. Zimmert schlösser, baut palläste,
Haut euch selbst aus hartem stein!
Ach! der zeit ist nichts zu feste!
Was ich bau, bricht jener ein.
14. Nichts! nichts ist, das nicht noch heute
Könt in eil zu drümmern gehn;
Und wir! ach! wir blinde leute
Hoffen für und für zu stehn?
Ausgewählte Ausgaben von
Leo Armenius
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