Das XXXV. Capitel.

Von Außtreibung deß Tods Mutterfasten.

[407] Zv Gniesen in der Stadt Pohlen stand vorzieten ein Götz mit Namen Nia / das heist so viel als ein Brot-oder Korn-Gott / die armen einfältigen Leute dachten nicht anders / wenn Gott ein reiches fruchtbares Jahr bescherete / es käme von diesem Götzen her. Es regierete aber zu der Zeit ein König in Pohlen Mießko oder Micislaus / welcher blind auff diese Welt gebohren war / aber im siebenden Jahr seines / alters (welches ein stuffen oder wechsel-Jahr war) wunderbarlicher unerhörter weiß sehend worden. Dieser König hat sieben tapffere Helden in seinem Frauen-Zimmer / weiln sie aber alle unfruchtbar gewesen / wird ihme von denen vornehmsten Herren gerathen / er solt sich mit einer Christlichen Fürstin befreyen / er würde sehen /Gott würde dadurch dem Land einen Erben beschehren / da nimbt er zur Ehe Dambrucam eines Böhmischen Hertzogs Tochter / die klipperte so lang an ihm / biß sie ihn zum Christenthumb beredete. Daranff läst er sie mit dem[408] Land-Adel und einer unzehlichen menge Volcks (daß man auch nicht gnug Namen hat haben können / sintemal er unter dem gemeinen Volck Tuch zu Röcken austheilen lassen) öffentlich zu Gniesen tauffen / im Jahr Christi 965. eben am Sontag Lætare oder Mitterfasten / giebet hernach alle Heydnische Capellen preiß / und befihlt / daß man alle Abgöttische Blider (denn sie haben Augen und sehen nicht / haben Ohren und hören nicht / Füß und gehen nicht / Hände und greiffen nicht) zur Stadt hinaus tragen / und sie entweder in nechsten Graben oder ins Feuer werffen sollen. Daher kompt das jährliche Kinderspiel / wie es noch in Schlesien / Böhmen und andern Orten geübet wird / daß sie ein geschmücktes Reiß / oder einen todten gezierten Mann hinauß tragen und singen wie sie den Tod austreiben / und solchen hernach in ein Wasser werffen / und hieß der erste Christliche Bischoff dißmals Gottfried.

Wann vorzeiten in Pohlen die Wort vom Priester gesungen worden / Seqventia Sancti Evangelii, zucketen die Pohlen in der Kirchen die Sebel / und so bald gesungen ward / Gloria tibi Domine, steckten sie solche wieder ein / damit zu bedeuten / daß sie bey dem heiligen Evangelio wolten Gut und Blut zusetzen.

Im Bapsthumb nennet man diesen Sontag Dominicam Rosæ, dieweiln der Bapst seine Rosen daran weihet / und hernach grossen Herren verehret /[409] darvon wir nichts geniesen noch begehren. Die Alten haben ihn genenet Dominicam refectionis, den Speiß-Sontag / wegen deß heiligen Evangelii. Die Griechen hielten Jährlich ümb diese Zeit ein Fest / da peitzscheten sie einen Knecht zur Stadt hinaus und fungen / foràs famem pellimus, hier treiben wir den Hunger aus /Gott geb uns Glück und Brot ins Haus. Strig. pag. 73. Mechovius in Chron. Pol. Diarium. pag. 119. Herberg. in Postilla. pag. 304

Quelle:
Hammer, Matthäus: Rosetum Historiarum. Das ist: Historischer Rosengarten [...]. Zwickau 1654, S. 407-410.
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