Abendlied

[17] Im Ton: Wer in deß Allerhöchsten Hut, usw.


Lobwassers XCI. Psalm.


1.

Nvnmehr beginnt die Schatten-Nacht

Die Sonne zu verjagen,

Der Mond mit seiner Sternen Wacht

Muß in dem Tuncklen tagen;

Doch bleibt bey uns der Hütersmann,

Der Israel bewahret,

Daß uns kein Vbel rühren kan,

Wie sein Wort offenbaret.


2.

Dir, Gott, dicht ich ein neues Lied,

Daß du mich hast erhalten,

Daß du mir gibest Heil und Fried

Und wilst ob uns stets walten,

Daß du beschirmet unser Haab,

Leib, Ehr und unser Leben.

Ach! welche Widergeltungs-Gab

Kan ich dem Höchsten geben?

3.

Mit Gnad und Barmehertzigkeit

Hast du mich, HERR, gekrönet,

Dein Fittig deckt mich allezeit,

Dein Sohn hat mich versöhnet.

Gib, daß in mir dein Gnaden-Wort

Deß Lebens Früchte bringe,

Daß ich es auch bewahr hinfort

Und deiner Ehr Lobsinge.


4.

Sey über meiner rechten Hand

Ein außgebreitter Schatten,

Behüte mich für Sünd und Schand,

Daß ich schlaf ohn ermatten.

Erheb du über mich das Liecht

Und deines Antlitz Stralen,

Daß ich die Nacht erschrecke nicht

Vor Vnfall ohne Zahlen.


5.

Hilff, HERR, daß ich mein Lebenlang

Von Hertzen Dir Lobsage,

Daß meiner Lauten Danckgesang

Dir allezeit behage,

Daß ich am Jüngsten Welt-Gericht

Mög einsten auferstehen,

Zu schauen GOTT von Angesicht

Dort in deß Himmels Höhen.


Amen.

Quelle:
A. Fischer / W. Tümpel: Das deutsche evangelische Kirchenlied des 17. Jahrhunderts, Band 5, Hildesheim 1964, S. 17.
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