Morgenlied

[26] G.P.H.


Von dem vierten Tag der Schöpfung der Liechter und Sternen.


Nach dem Ton des 91. Ps.: Wer in des Allerhöchsten Hut, usw.


1.

Eröffne dich, O blöder Mund,

Dem Herren Lob zu singen,

Der uns in dieser Morgenstund

Den Tag wird wieder bringen

Und seiner Sonnen güldnen Glantz

Lässt über uns aufgehen:

Ihr Lauf gleicht einem Himmelskrantz,

Der sich pflegt um zu drehen.


2.

Ach daß doch in dem Sonnenschein

Des Herren Nam vnd Ehre

Möcht deutlich eingeschrieben seyn

Dem Menschen Volck zur Lehre,

Ja daß ein jeder Sonnen Stral,

Beleuchtend alle Grentzen,

Das »Heilig, Heilig« ohne Zahl

Macht' in der Welt ergläntzen.


3.

Ich wünsche, daß auch bey der Nacht

In jedem Silber-Sterne

Des Höchsten Nam und seine Macht

Hellleuchtet' in die Ferne,

Ja daß der Mond mit nasser trifft

In jedem Tröpflein Regen

Beglaubte solche Himmelsschrifft

Und sein Lob' aller wegen.


4.

O Sonne der Gerechtigkeit,

Geh' auf in unsren Hertzen!

O Glantz deß Vatters Herrlichkeit,

O helle Himmelkertzen,

Erleucht uns mit dem Gnadenschein,

Der unsren Sinn erneue,

Daß uns deß Glaubens Frucht allein

Und nicht die Welt erfreue.


5.

Führ uns, O GOTT, den gantzen Tag

Auf dir beliebtem Pfade,

Daß wir ohn alle Seelen-Plag

Verspühren deine Gnade

Und deine Barmhertzigkeit

Erneu sich alle Morgen,

Auf daß wir leben allezeit

Gottselig ohne Sorgen!


Quelle:
A. Fischer / W. Tümpel: Das deutsche evangelische Kirchenlied des 17. Jahrhunderts, Band 5, Hildesheim 1964, S. 26-27.
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