Zwölfte Szene

[315] Hagen und die Nibelungen schauen aus, wie Rüdeger mit den Seinigen emporsteigt.


GISELHER.

Es gibt noch Frieden. Seht ihr? Rüdeger!

HAGEN.

Es gilt den letzten und den schwersten Kampf,

Jetzt soll sich würgen, was sich liebt.

GISELHER.

Du meinst?

HAGEN.

Trat die Versöhnung je in Eisen auf?

Braucht man den Panzer, um sich zu umarmen,

Treibt man die Küsse mit den Schwertern ein,

Und nimmt man all sein Volk als Zeugen mit?

GISELHER.

Wir tauschten alle in Bechlarn die Waffen,

Ich trag die seinen, er die meinigen,[315]

Und das geschieht in aller Welt doch nur,

Wenn man sich niemals wieder schlagen will.

HAGEN.

Hier gilt das nicht. Nein, reicht euch nur die Hände

Und sagt euch gute Nacht. Wir sind am Ziel.

GISELHER tritt Rüdeger entgegen.

Willkommen!

RÜDEGER.

Ich bin taub! – Musik! Musik!


Rauschende Musik.


HAGEN.

Hätt ich nur einen Schild!

RÜDEGER.

Dir fehlt der Schild?

An einem Schilde solls dir nimmer fehlen,

Hier ist der meinige.


Reicht Hagen seinen Schild, während Hildebrant ihm den seinigen wiedergibt.


Musik! Musik!

Schlagt an die Panzer, rasselt mit den Speeren,

Ich habe jetzt das letzte Wort gehört!


Tritt mit den Seinigen in den Saal. Kampf.


Quelle:
Friedrich Hebbel: Werke. Band 1–5, Band 2, München 1963, S. 315-316.
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