Caput XIX

[481] Oh, Danton, du hast dich sehr geirrt

Und mußtest den Irrtum büßen!

Mitnehmen kann man das Vaterland

An den Sohlen, an den Füßen.


Das halbe Fürstentum Bückeburg

Blieb mir an den Stiefeln kleben;

So lehmichte Wege habe ich wohl

Noch nie gesehen im Leben.


Zu Bückeburg stieg ich ab in der Stadt,

Um dort zu betrachten die Stammburg,

Wo mein Großvater geboren ward;

Die Großmutter war aus Hamburg.


Ich kam nach Hannover um Mittagzeit,

Und ließ mir die Stiefel putzen.

Ich ging sogleich, die Stadt zu besehn,

Ich reise gern mit Nutzen.


Mein Gott! da sieht es sauber aus!

Der Kot liegt nicht auf den Gassen.

Viel Prachtgebäude sah ich dort,

Sehr imponierende Massen.


Besonders gefiel mir ein großer Platz,

Umgeben von stattlichen Häusern;

Dort wohnt der König, dort steht sein Palast,

Er ist von schönem Äußern
[481]

(Nämlich der Palast). Vor dem Portal

Zu jeder Seite ein Schildhaus.

Rotröcke mit Flinten halten dort Wacht,

Sie sehen drohend und wild aus.


Mein Cicerone sprach: »Hier wohnt

Der Ernst Augustus, ein alter,

Hochtoryscher Lord, ein Edelmann,

Sehr rüstig für sein Alter.


Idyllisch sicher haust er hier,

Denn besser als alle Trabanten

Beschützet ihn der mangelnde Mut

Von unseren lieben Bekannten.


Ich seh ihn zuweilen, er klagt alsdann,

Wie gar langweilig das Amt sei,

Das Königsamt, wozu er jetzt

Hier in Hannover verdammt sei.


An großbritannisches Leben gewöhnt,

Sei es ihm hier zu enge,

Ihn plage der Spleen, er fürchte schier,

Daß er sich mal erhänge.


Vorgestern fand ich ihn traurig gebückt

Am Kamin, in der Morgenstunde;

Er kochte höchstselbst ein Lavement

Für seine kranken Hunde.«

Quelle:
Heinrich Heine: Werke und Briefe in zehn Bänden. Band 1, Berlin und Weimar 21972, S. 481-482.
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