Spiel-Adel

[194] »Was?! So ein Makaöchen

Soll eine Schande sein?

Ein Jeuchen nur, ein Jeuchen

In dieser Lebenspein?

Das Vaterland zu schützen,

Ist unsre teure Pflicht,

Und der Gesellschaft Stützen

Gönnt man ein Spielchen nicht?


Wir jungen Offizierchen,

Wir arm unschuldig Blut,

Wir brauchen ein Pläsierchen

Für unsern Lebensmut.

Den Schleppersäbel tragen,

Ist doch schon schwer genug,

Nun will man uns verklagen

Gar wegen Spielunfug?
[195]

Wir sollen doch genießen

Der Jugend goldne Frist

Und lassen vor uns schießen

Von Schmulchen und von Christ.

Der Alten Güter bringen

Verteufelt wenig Moos.

Wer zieht uns aus den Schlingen?

O Moses, du bist groß!


Gott, am Totalisator

Wie wettet sich's so nett!

Heil, hoher Triumphator,

Erhabenes Roulett!

Daß unsre ›Freundschaft‹ gerne

Das Zuchthaus frequentiert,

Berührt uns nur von ferne

Und hat uns nie geniert.


Der Dienst hat seine Grenzen.

Für einen flotten Streich

Gibt's dunkle Existenzen

Im heiligen Deutschen Reich.

Die sind in Baden-Baden

Und Schlafwaggon daheim

Und locken uns in Gnaden

Gediegen auf den Leim.
[196]

Es gibt im Leben Tiefen,

Die man nicht vorher sieht,

Mit unsern Adelsbriefen

Wie lang wohl das noch zieht?!

Als kriminelle Zeugen

Lädt uns der Plebs schon vor,

Zivilen Bütteln beugen

Muß sich der Ahnenchor ...«

Quelle:
Karl Henckell: Gesammelte Werke. Band 2: Buch des Kampfes, München 1921, S. 194-197.
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