Entdeckte und bestraffte Verrätherey.

[345] Als Leopoldi des grossen Kaysers siegreiche Waffen nicht nur durch gantz Ober- und Nieder-Ungarn / sondern auch in Croatien / Siebenbürgen und Sclavonien sich ausgebreitet hatten / wurden selbige von vielen Untreuen / absonderlich dem rebellischen Grafen Emerico Tökely mit neydigen Augen angesehen / dergestalten / daß er auf alle möglichste Mittel bedacht war / den Kayserl. Siegs-Lauff zu hemmen: Weiln nun in Caschau verschiedene seiner Adhärenten sich befanden / und er vermittels deren Beyhülff sothanen Ort wiederum an sich zu ziehen verhoffte / so wurden 2000. Türcken bestellt / so von Erlau / gegen Caschau marchiren und dem vorgehabten heimlichen Anschlag daselbst beystehen solten. Allein es wurde diese Verrätherey durch kluge Anstalt des Commendanten dieses Ort entdecket / und alsobald dem Kayserlichen General Caraffa kund gemacht /[345] worauf derselbe mit Zuziehung des General Häuslers mit einigen Regimentern gegen Caschau marchiret / besagte Türcken ohnfern allda angetroffen / und einen grossen Theil davon niedergemacht / der Verräther aber unterschiedene in Hafftung hat nehmen lassen: Bald darauf langten einige Kayserliche Herren Commissarii daselbsten an / und raumbten die hiebevor von denen Evangelischen occupirte Thum-Kirche den Catholischen wiederum ein: mit der Inquisition der Verräther aber wurde unterdessen eyferig fortgefahren / und unter anderen einer / welcher zu Zeiten / als der Tökely solche Stadt noch inngehabt / Richter gewesen /nicht allein arrestirt / sondern auch darauf mit 20. Fourier-Schützen nach Eperies geführt: Wie nun diese Caschauische Conspiration entdeckt / so kamen neue Verräthereyen / so sich zu Eperies und Bartfeld angesponnen / vermittels Intercipirung des an den Tökely samt seiner Gemahlin abgeschickten Schreibens an Tag / worauf gleichfalls durch Anstalt des Generas Caraffa die Rädelsführer arrestirt / und Ordre ertheilt wurde / daß die Bürger zu Eperies Caschau und Bartfeld nicht aus der Stadt sollten gelassen werden: weiln man so wol ihnen als dem Adel nicht mehr trauete. Damit aber denen vornehmsten und Rädelsführer dieser weit aussehenden Conspiration anderen zum abscheulichen Exempel ihr gebührendes Recht und Straff wiederfahren mögte / so wird ein so genanntes Judicium delegatum (wobey Herr General[346] Wachtmeister Baron de Wallis Præses, so dann Herr Administrator Obrist-Lieutenant Görtz / Ober-Kriegs-Commissarius Kintzig / Cammer-Rath Centiram / und fünff Ungarische Herren Assessores waren) über solche Inhafftirte gehalten. Und ob zwar die Rädelsführer gnugsam überzeugt / haben sie dennoch nichts gestehen wollen sondern boßhafftiger Weise so lang gelaugnet / biß man sie zu Folter gebracht / da sie dann alles und jedes / was gegen sie ausgesagt worden /nicht allein bekannt / sondern auch nachgehends umständlich widerhohlet / aller massen dieselbe und zwar nahmentlich Sigmund Zimmermann / Andreas Kötzer / so sonsten ein Mann von grossen Esprit, und bey dem Tökely primus Consiliarius gewesen / welchen auch Tökely und seine Gemahlin stets einen Vatter geheissen / und sehr geachtet haben / Caspar Rauscher und Frantz Baronai / das Volck / daß der Tökeli mit einer grossen Macht von Türcken / Tartarn und anderen / sie wieder in vorige Libertät setzen würde / animirt und angefrischet / gestalten dann auch die intercipirte Briefe von der Töckelin an zwey Nobiles, als Webern und gedachten Zimmermann geschrieben /und deren Antwort mit mehrern an Tag geben.


Weil nun dieses Vorgeben und gepflogene Correspondentz / dem so treu abgeschwornen Eyd und Pflichten stracks zuwider und sich diese Leute[347] damit Criminis læsæ Majestatis und perduellionis schuldig gemacht / als hat gedchtes Judicium delegatum, den Santentz über solche Verräther dahin publicirt / daß obbemeldten vier Rebellen jedem die rechte Hand abgehauen /sie nach gehends mit dem Schwerdt vom Leben zum Tod hingerichtet / deren Leiber geviertheilet / und auf vier Landstrassen gehänget / die vier Köpff aber zusammen auf einen Galgen gesteckt / und deren beweg-und unbewegliche Güter confisciret werden sollen.

Diese Sententz hat den 4. Martii 1687 zu Eperies sollen vollzogen werden / weiln aber diese Maleficanten (ausser dem Kötzer / so ein alter Mann gewesen) um Hoffnung Gnade zu erlangen / vorgegeben /daß sie wolten Catholisch werden / als hatte es sich biß den folgenden Tag verschoben / und nach dem ihnen durch die Geistliche beygebracht worden / daß keine Gnade zu hoffen / haben Kötzer / Rauscher und Baronai um Evangelische Prediger Ansuchung thun lassen / so ihnen auch erlaubt worden: Zimmerman aber hatte einen Catholischen Priester verlanget / und Catholische Glaubens-Bekandtnus gethan: Hierauf ist den 5. dito diese Execution folgender Gestalt vollzogen worden: Morgens frühe wurde die Garnison zu Eperies auf den Platz geführet: worvon man die Helffte unter Commando des Herrn Hauptmanns Formantini vor das Rath-Haus zu rucken befelcht / wohin man auch die vier Verurtheilte gegen 9. Uhr an denjenigen[348] Platz / allwo eine besondere Bühne aufgerichtet war /gebracht hat. Erstlich ritte der Herr Hauptmann Formantini / hierauf folgte die Helffte der Mannschafft /zwischen derselben gienge erstens der sogenannte Zimmermann / deme ein Jesuit / nebst noch einen Catholischen Pater biß nach der Bühne das Geleit gaben. Gleich hinter deme kame der Rauscher / in Begleitung eines Lutherischen Predigers: Nach ihme gieng der Baronai / so stäts gewiese Lieder gesungen. Letzlich aber führte man den alten Kötzer auf einen Schlitten mit zwey Pferden bespannet / deme ein alter Prediger das Geleit zu Fuß gabe. Als sie nun zu der aufgerichteten Bühne gekommen / wurde ihnen das Urtheil nochmahlen durch den Büttel ausgeruffen / und darauf der Sigmund Zimmermann zum ersten auf die Bühne gebracht / welcher daroben auf die Knie niedergefallen / und zu verschiedenen mahlen um GOttes willen um Gnade geschryen / auch sich durch den Hencker nicht wollen angreiffen lassen. Als er aber gesehen /daß keine Gnade zu erlangen / hat er seine Kleider selbst ausgezogen / und darauf wieder nieder gekniet /worauf ihm von den Regiments-Hencker die rechte Hand / und nachgehends von dem Caschauer Scharffrichter / der Kopff aber nicht völlig abgeschlagen worden. Weswegen dann der Regiments-Hencker den Caschauer über die Bühne hinunter gestossen. Folgends wurden die übrige drey / einer nach dem anderen / ingleichen auf die Bühne geschleppet / und ihnen von dem[349] Hencker zu Eperies einem jeden die rechte Hand / von dem Regiments-Hencker aber deren Köpffe / mit grosser Geschwindigkeit gleichfals abgeschlagen / hierauf alle vier Cörper auf öffentlicher Bühne geviertheilt / und hernach vor der Stadt auf vier Orte an Galgen gehenckt. Was aber bey diesem grausamen Spectacul vor Heulen und Wehklagen von der gantzen Stadt / absonderlich wegen des Zimmermanns gewesen / ist fast unglaublich:

Entzwischen weil auch entdeckt wurde / daß fast gantz Ungarn mit diesem Rebellions-Gifft inficirt seye / welches dahin abziehlte / daß die im Königreich einquartirte und in Besatzung liegende Soldatesca alsdann so bald der General Caraffa einige Impresa fürnehmen würde überrumpelt / und in einer Nacht umgebracht werden sollte. Als wurden durch scharffe Inquisition des Herrn General Caraffa die Gefängnussen zu Eperies dergestalten von dergleichen Rebellanten angefüllt / daß man fast nicht Platz genug hatte; deren Anzahl sich bey 200. erstrecket / wovon kurtz viele / darunter auch einige Vornehme / mit dem Schwerdt hingerichtet worden seynd.

Quelle:
Hilarius Salustius, / MELANCHOLINI / wohl-aufgeraumter / Weeg-Gefärth, / Vorbringend / Lächerliche, anbey kluge Fabeln, [...]. Gedruckt im Jahr 1717, S. 345-350.
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