Verwöhnung

[33] Die Fallersleber waren früher nicht so verwöhnt. Noch in der Fehde Herzogs Heinrich d.ä. mit Braunschweig 1492 sang man von ihnen:

De von fallersleben repen: wolan!

Wi willen de Grepen laten stan

Und willen Bronswik delgen;

So kriege wi der sulvren Schauer veel,

Dar wille wi Mummen ut swelgen.


Den Teufel sah man eines Tags

Mit einer Seel' entschweben,

Das war ein ungerathner Sohn

Vom Flecken Fallersleben.


Die Sonne brannte fürchterlich,

Schwül war es aller Orten,

Als wären plötzlich aufgethan

Die weiten Höllenpforten.


Da schrie das arme Unglückskind:

»Ach, hätt' ich Trank und Speise!«

Doch schneller, immer schneller ging

Dahin die luft'ge Reise.


Bei jedem Wirthshaus das es sah,

Da fleht' es um Erbarmen:

»O gönne doch ein Tröpfchen Bier,

Ein Tröpfchen nur mir Armen!«[34]


Vorüber ging es pfeilgeschwind

An Dörfern und an Krügen:

Dem Teufel machte nun einmal

Einkehren kein Vergnügen.


Vorüber ging es pfeilgeschwind

An Quellen und an Teichen:

Es ließ sich nicht das harte Herz

Des Teufels mehr erweichen.


»O gnäd'ger Herr von Satanas,

O hab' mit mir Erbarmen,

Und gieb doch, ich verschmachte schier,

Ein Tröpfchen Thau mir Armen.«


Da ließ der Teufel endlich sich

Zum Mitleid noch bewegen,

Und flog zu einer Pfütz' herab

Voll Jauche, Schlamm und Regen.


Er tauchte seinen Schwanz hinein,

Und ließ ihn dann geschwinde

Hingleiten durch das trockne Maul

Dem armen Menschenkinde.


»Ha!« rief es himmelhoch entzückt

Zum Teufel augenblicklich,

»Wie schmeckt das Fallersleber Bier

So wunderbar erquicklich!«

Quelle:
August Heinrich Hoffmann von Fallersleben: Unpolitische Lieder von Hoffmann von Fallersleben, 1. + 2. Theil, 2. Theil, Hamburg 1841, S. 33-35.
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