An Arbinen

[82] C.H.v.H.


Arbine/ ineine hand geht itzund tieff im leide/

Sie hat gleich wie mein hertz die trauer angelegt/

Sie weiß von keinem schmuck/ und leidet keine seide;

Indem sich nichts als angst in ihren adern regt.

Du wirst auch ihre schrifft nicht gar zu wohl erkennen/

Wem hertz und finger bebt/ der schreibt nicht allzugut.

Es scheint/ ich soll nicht mehr in freuden-flammen brennen/

Ach! daß der himmel mir so grosses unrecht thut.

Wo ist die edle zeit/ wo seyn die süssen stunden?

Genieß ich dann nicht mehr der heissen liebe pfand?

Ach die vertrauligkeit ist allbereit verschwunden:

Vor schmertzen fället mir die feder aus der hand.

Ich zürn itzt auff mich selbst. Verwirrung der gedancken

Ist meine morgen-kost und auch mein abend-brod.

Es scheint/ daß überall die freundschaffts-pfeiler wancken/

Und meine freundin wird zur schmidin meiner noth.

Arbine liebst du mich? Du sagsts: Ich muß es glauben.

Durch nasse zeugen will der schwur versiegelt seyn.

Du liebst und wilst mich doch der liebe frucht berauben/

Und führst aus Eden mich in dürre felder ein.

Du wirst hinkünfftig mir die augen noch verbinden/

Es paart sich grausamkeit und liebe nicht zu wohl/

Ich kan mich warlich nicht in deinen willen finden/

Du lehrst mich denn zuvor/ wie ich dich lieben soll.

Mit was hat doch dein freund die härtigkeit verschuldet/

Daß ihn dein herber schluß mit solchem jammer tränckt?

Und mit vergessenheit und unlust ihn besoldet?

Ach würd ich doch zugleich itzt in ein grab gesenckt!

So läg ich in der ruh befreyt von allen plagen/[83]

Es fielen mich nicht mehr die unglücks-wellen an:

Ich weiß/ du würdest doch nach meinem tode sagen:

Hier ruht ein werther freund/ dem ich zu viel gethan.

Ach! könt ich seinen leib dem bleichen schnee entführen/

Er würde nicht wie er durch liebes-durst verzehrt:

Er solte nichts als milch erhitzter küsse spüren;

Denn seine göldne treu ist solcher säffte werth.

Verzeihe freundin doch der freyen art zu schreiben:

Du schaust allhier die frucht verwirrter ungedult/

Kan witz und feder nicht in ihren angeln bleiben/

So tadle doch nicht mich/ es bleibet deine schuld/

Es spielt/ ich weiß nicht was/ tieff unter meiner stirne/

Der argwohn richtet mir ein distel-bette zu:

Es schwermet mir itzund betrübniß im gehirne/

Ist kein erbarmen mehr? Arbine schläffest du?

Könnt ich das alte jahr doch nur zurücke ruffen/

Indem mir mund und hand so manche lust gewährt.

Mich hieß die höflichkeit canari-zucker hoffen/

Der sich/ ich weiß nicht wie/ itzund in wermuth kehrt.

Mich tröstet endlich noch ein süsses angedencken/

Wie dein geneigter blick so freundlich mich empfing;

Laß ihn doch dergestalt bald wieder auff mich lencken/

Wenn er als morgen-stern mir frisch entgegen gieng.

Diß alles kützelt mich empfindlich im gemüthe.

Mich deucht/ ich schmecke noch den süssen liebes-most.

Und die erinnerung erschüttert mein geblüte/

Und rühret noch in mir die funcken meiner lust.

Arbine/ setze doch das uhrwerck meiner sinnen/

(Es geht ja wie du wilst) in seinen alten stand.

Mein frölich seyn/ mein schlaff/ mein reden/ mein beginnen

Entsprüssen nur durch dich als früchte deiner hand.[84]

Hab ich gesündiget/ so will ich redlich büssen/

Nur melde mir zuvor auch mein verbrechen an.

Ich werffe mich als knecht zu deinen werthen füssen/

Und zeige was ein mensch aus liebe leiden kan.

Ich mag mit heucheley nicht diese blätter füllen/

Das weiß ich/ daß ich dich mit willen nicht verletzt:

Denn mein gesetze floß allein aus deinem willen/

Dein wincken hab ich stets für ein gebot geschätzt.

Soll ich verworffen seyn/ so muß ich es zwar leiden/

Ich reisse nicht den schluß des strengen humnels ein.

Jedoch Arbine kan mich endlich nicht vermeiden/

Denn ihre untreu wird noch meine rache seyn.

Ach! freundin nicht zu scharff/ bleib was du stets gewesen/

Geuß nicht den unlust-sturm auff mich zu häuffig aus;

Laß nach gewohnheit mich die freuden-rosen lesen/

Und zeige mir doch nicht vor perlen ziegel-grauß.

Was wilt du deinen freund mit gall und wermuth träncken/

Der dich/ du weist es wohl/ mehr als sich selber liebt?

Wie kanst du einen knecht in kummer-sand versencken/

Der dir das hertze selbst zu einem geissel giebt?

Laß die vertrauligkeit nicht in der blüte sterben/

Die blum ist traurens werth/ die ohne frucht vergeht:

Und laß bey meiner treu mich das gelück ererben/

Daß dein beständig seyn an meiner seiten steht.

Mich deucht ich sehe schon die schönen augen-blicke/

Wie deine freundlichkeit auff allen seiten lacht;

Und wie sich wiederum das flüchtige gelücke/

So vormahls feindin war/ sich mir zur freundin macht.

Der ungemeine thau der schwätzigen rubinen

Benetzt mich allbereit mit seiner alten art;[85]

Ich bilde mir itzt ein/ mein lust-stern sey erschienen/

Und meine wollust hält itzt ihre himmelfahrt.

Doch dieses alles sind nur hole wunsch-pasteten/

Und schüsseln mit der kost von hoffnung angefüllt;

Diß alles rettet mich noch nicht aus meinen nöthen/

Durch leere becher wird kein heisser durst gestillt.

Arbin'/ es muß dein eiß in flammen sich verkehren:

Entschleuß mir wiederum die schätze deiner brust/

Laß deinen nebel sich in sonnenschein verkehren/

Und spare doch nur nicht die tropffen süsser lust.

Sprich nur ein süsses wort aus deinem schönen munde/

Dein wincken macht bey mir den grösten feyertag:

Benenne mir doch bald die angenehme stunde/

Da ich dich wiederum vertraulich küssen mag.


Quelle:
Herrn von Hoffmannswaldau und anderer Deutschen auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte erster Teil, Tübingen 1961, S. 82-86.
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