An Eduard

[41] [Zweite Fassung]


Euch alten Freunde droben, unsterbliches

Gestirn, euch frag ich, Helden! woher es ist,

Daß ich so untertan ihm bin, und

So der Gewaltige sein mich nennet.


Nicht vieles kann ich bieten, nur weniges

Kann ich verlieren, aber ein liebes Glück,

Ein einziges, zum Angedenken

Reicherer Tage zurückgeblieben,


Und dies, so ers geböte, dies Eine noch,

Mein Saitenspiel, ich wagt es, wohin er wollt,

Und mit Gesange folgt ich, selbst ins

Ende der Tapfern, hinab dem Teuern.


»Mit Wolken«, säng ich, »tränkt das Gewitter dich,

Du dunkler Boden, aber mit Blut der Mensch;

So schweigt, so ruht er, der sein Gleiches

Droben und drunten umsonst erfragte.


Wo ist der Liebe Zeichen am Tag? wo spricht

Sich aus das Herz? wo ruhet es endlich? wo

Wirds wahr, was uns, bei Nacht und Tag, zu

Lange der glühende Traum verkündet?
[42]

Hier, wo die Opfer fallen, ihr Lieben, hier!

Und schon tritt hin der festliche Zug! schon blinkt

Der Stahl! die Wolke dampft! sie fallen und es

Hallt in der Luft und die Erde rühmt es! «


Wenn ich so singend fiele, dann rächtest du

Mich, mein Achill! und sprächest: »Er lebte doch

Treu bis zuletzt!« Das ernste Wort, das

Richtet mein Feind und der Totenrichter!


Zwar hab ich dich in Ruhe noch itzt; dich birgt

Der ernste Wald, es hält das Gebirge dich,

Das mütterliche, noch den edlen

Zögling in sicherem Arm, die Weisheit


Singt dir den alten Wiegengesang, sie webt

Ums Aug ihr heilig Dunkel, doch sieh! es flammt

Aus fernetönendem Gewölk die

Mahnende Flamme des Zeitengottes.


Es regt sein Sturm die Schwingen dir auf, dich ruft,

Dich nimmt der Herr der Helden hinauf; o nimm

Mich du! mit dir! und bringe sie dem

Lächelnden Gotte, die leichte Beute!

Quelle:
Friedrich Hölderlin: Sämtliche Werke. 6 Bände, Band 2, Stuttgart 1953, S. 41-43.
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