Der Tod

[88] Wann, Friedensbothe, der du das Paradies

Dem müden Erdenpilger entschließest, Tod,

Wann führst du mich mit deinem goldnen

Stabe gen Himmel, zu meiner Heymath?


O Waßerblase, Leben, zerfleug nur bald!

Du gabest wenig lächelnde Stunden mir,

Und viele Thränen, Quaalenmutter

Warest du mir, seit der Kindheit Knospe


Zur Blume wurde. Pflücke sie weg, o Tod,

Die dunkle Blume! Sinke, du Staubgebein,

Zur Erde, deiner Mutter, sinke

Zu den verschwisterten Erdgewürmen.


Dem Geiste winden Engel den Palmenkranz

Der Überwinder. Rufet, o Freunde, mich

Nicht wieder auf das Meer, wo Trümmer,

Thürmende Trümmer das Ufer decken.


Wir sehn uns, Theure, wieder, umarmen uns,

Wie Engel sich umarmen, in Licht gehüllt,

Am Throne Gottes, Ewigkeiten

Lieben wir uns, wie sich Engel lieben.[88]

Quelle:
Ludwig Christoph Heinrich Hölty: Sämtliche Werke. Band 1, Weimar 1914, S. 88-89.
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