An Laura,
bey ihrer Schwester Sterbebette

[99] Wanke näher an das Sterbebette,

Wo Lucindens Hülle starrt,

Wo ihr Geist von seiner Sclavenkette

Loßgekettet ward.


Helle deinen Thränenblick! Am Throne,

Wo der Gottversöhner thront,

Ist Lucinde mit der Siegeskrone,

Wohl ihr! schon belohnt.


Denke dieser bleichen Todesmine,

Dieses Lagers, wo du weinst,

Wann du wieder auf der Narrenbühne

Deiner Stadt erscheinst.


Ihres Kampfes denk', und ihres Röchelns,

Erdgedanken zu zerstreun,

Ihres Glaubens, ihres letzten Lächelns,

Gottes dich zu freun.
[99]

Quelle:
Ludwig Christoph Heinrich Hölty: Sämtliche Werke. Band 1, Weimar 1914, S. 99-100.
Lizenz:
Kategorien: