Petrarchische Bettlerode

[239] Wenn mit leisen Hutfilzsöckchen

Meine braune Trutschel geht,

Und ihr rothes Büffelröckchen

Um die dicken Schinken weht,

Über Zäune, Steg und Brücken,

Jeden ausgeschlagnen Tag,

Humpl' ich dann auf beiden Krücken

Ihr mit Sack und Packe nach.


Wär ich nur ein Dorn der Hecke,

Welche schlau ihr Röckchen ritzt!

Nur ein Tröpfchen von dem Drecke,

Der an ihre Waden spritzt!

Wär ich nur das Fledermäuschen,

Das um ihre Mütze schwirrt!

Nur das kleine Silberläuschen,

Das von Ohr zu Ohr ihr irrt!


Wüßt ich hübsche Liebesstückchen,

Lustig, wie des Kukuks Schall;

Ach! Dann hörte mich mein Fieckchen

Abends an des Amtmanns Stall!

Schmauchten mich nur ihre Lippen

Als ein Paffchen Krolltoback!

Oder drückt' an ihre Rippen

Sie mich als den Dudelsack!


Könnt' ich als ein Kamm ihr dienen,

Wenn sie hinterm Zaun sich kämmt!

Könnt' ich an dem Teiche grünen,

Wo sie ihre Glieder schwemmt![239]

Wär' ich doch auf Veltens Diele,

Schatz, für dich ein Bündel Stroh!

Nagt' ich, ach! mit süßem Spiele

Dir dein Leder, als ein Floh!


Würde doch von Niklas Mutter,

Durch den alten Teufelstext

Und ein Stücklein Hexenbutter,

Dir ein Traum von mir gehext!

Schmunzelnd in dem Schlafe, drücke,

Fest mein Bild mit einem Schmaz!

Morgens trabst bey meiner Krücke

Du einher, und bist mein Schatz!
[240]

Quelle:
Ludwig Christoph Heinrich Hölty: Sämtliche Werke. Band 1, Weimar 1914, S. 239-241.
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