Zweiter Auftritt.

[188] Graf Hyazinth. Figaro.


HYAZINTH. Der Rath Greif hat also Vermögen?

FIGARO bedeutend. Er hat.

HYAZINTH. Das konnte ich niemals penetriren! Sie sagen – zwanzig –

FIGARO. Tausend Thaler.

HYAZINTH erstaunt. Die er uns leihen will? Indem er auf sich deutet.

FIGARO. Ganz zuverlässig! ob mir's gleich Künste kostet, das zu vollenden.

HYAZINTH. Ecoutez! – Mit so genauem Rechte kann er die Summe nicht erworben haben.

FIGARO hell lachend. Das denke ich auch.

HYAZINTH verlegen. Mais – c'est un homme d'Esprit!

FIGARO feierlich. Assûrément!

HYAZINTH. Wie brachten Sie es nur von ihm heraus, daß er Geld hat?

FIGARO. Ich fragte in Dero Namen, und machte es zur Bedingung, ob er auch ein Vermögen habe, als Edelmann sich anständig zu zeigen? In der ersten Begierde ließ er mich in Buch und Beutel deutlich blicken; da hielt ich fest auf dem Darlehen von diesem Kapital.

HYAZINTH. Scharmant!

FIGARO. Dann die Hypothek, die ich ihm wichtig machte[188] – ohne sie zu nennen – die Art, womit ich sehr geschickt die Baronesse einmischte – das Geheimnisvolle – die Hoffnung hoher Zinsen, die schon den Klügsten –

HYAZINTH. Ich hätte dennoch den Greif nie reich geglaubt. Die Einfachheit in seinen Sitten, seiner Kleidung – Er schien mir immer –

FIGARO. Gnädiger Herr, die Kunst zu scheinen – ist es, worin die mittelmäßigen Köpfe stets unerreichbar bleiben werden.

HYAZINTH tief denkend. Wie nehme ich das?

FIGARO. Wer in der Mode um fünfzehn Jahre stets zurück geblieben ist – in Geschäften exakt pedantisch, sich an die Spitze drängt – Almosen gibt – vor jedermann sich bis zur Erde beugt – die Hände drückt – zu allem lächelt – bedächtig spricht – in grobes Tuch sich kleidet – wenn ein Platzregen fällt, zu Fuße bleibt – viel hoffen läßt – für niemand sich verwendet – in Kirchen laut über seine Sünden ächzt – an allen Thüren die lieben Kinder lobt – indem er über aller Menschen Glück und Köpfe steigt, doch über seinen Fall in tiefem Gram versunken scheint – der – der dies alles kann – das Ab und Zu davon geläufig hat – der plündre eine Monarchie – verrathe so schrecklich, wie er wolle, die Menschheit – in schützt die Außenseite! Wagt jemand diese Larve aufzuheben – so liegt in allen diesen sanften Außenseiten das Gift verborgen, das ihn tödtet.

HYAZINTH applaudirt ihm. Bravo! Sie haben gut gesprochen. Ernst. Auch amusant. Er bewegt den Chapeaubas. Ich achte mich Ihnen von Herzen obligirt.


Quelle:
August Wilhelm Iffland: Theater. Band 4, Wien 1843, S. 188-189.
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