[35] FALLERN tritt auf.
Sandwirt, der Pater fleht um Hilfe dich.
Ein Haufen Feinde, durch den Sumpf gegangen,
Hat uns im Rücken listig angegriffen,
Ein fürchterlich Gemeng' ist in der Kluft,
Die Unsern weichen.
HOFER.
Ei! was denkt der Rotbart?
Hier gilt's, daß jeder halte seinen Platz.
Ich kann von meinen Leuten kein' entbehren.
Geh nur! der Pater hilft sich schon.
FALLERN.
Er wird
Nicht glauben, Oberkommandant, daß du
So hast gesprochen.
HOFER.
Doch, er wird's. Entweder
Schlug er sich durch, wenn du zurückkommst, oder
Die Hilf' käm' auch zu spät. Der Pater weiß,
Daß Hofer ein tirolisch Herz besitzt,
Doch meine Schützen brauch' ich selber hier.
Fallern ab.
[35]
ETSCHMANN.
Ich wollt', der Tag wär' um.
HOFER.
Fürcht'st du dich, Alter?
Fürcht' nichts, zum Herzen Jesu hab' ich mich
Verlobt, der Herr verläßt die Treuen nicht.
Bring einen Morgentrunk – die Luft zieht kühl –
Vom allerbesten Weine bring den Trunk,
Und in dem großen silbernen Pokal.
Heut ist ein Ehrentag, da muß man trinken
Den besten Wein aus seinem besten Becher.
Etschmann geht ab.
He, Eisenstecken!
Eisenstecken tritt auf.
Reite doch hinüber
Zum rechten Flügel, schau, was Speckbacher
Dort macht, und wie die Sachen um ihn stehn.
Sind wohl die Brüder Rainer hier zur Hand?
EISENSTECKEN.
Sie liegen mit den andern hinterm Berge.
HOFER.
Schick', eh du fortreit'st, mir die beiden Sänger.
Eisenstecken geht.
Etschmann tritt auf mit einem Pokale.
So, setz' ihn her. Ein kostbar Stück von Arbeit!
Er spielt im Lichte, wie ein Edelstein.
Der Kaiser und die Herren Erzherzöge
Sind hier im Silber künstlich eingegraben,
Und auf dem Deckel prangt das alte Schloß
Tirol, nach dem wir Meraner, Passeirer
Beständig schaun, das uns erinnert an
Die Freiheiten, die Recht' und Privilegien
Der sel'gen, gnäd'gen Frauen Margaretha.
Ja, dächte jeder nur der alten Zeit –
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»Fanni war noch jung und unschuldigen Herzens. Ich glaubte daher, sie würde an Gamiani nur mit Entsetzen und Abscheu zurückdenken. Ich überhäufte sie mit Liebe und Zärtlichkeit und erwies ihr verschwenderisch die süßesten und berauschendsten Liebkosungen. Zuweilen tötete ich sie fast in wollüstigen Entzückungen, in der Hoffnung, sie würde fortan von keiner anderen Leidenschaft mehr wissen wollen, als von jener natürlichen, die die beiden Geschlechter in den Wonnen der Sinne und der Seele vereint. Aber ach! ich täuschte mich. Fannis Phantasie war geweckt worden – und zur Höhe dieser Phantasie vermochten alle unsere Liebesfreuden sich nicht zu erheben. Nichts kam in Fannis Augen den Verzückungen ihrer Freundin gleich. Unsere glorreichsten Liebestaten schienen ihr kalte Liebkosungen im Vergleich mit den wilden Rasereien, die sie in jener verhängnisvollen Nacht kennen gelernt hatte.«
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