|
[154] Hier auf diesem Aschen-Kruge,
Weint die Freundschaft ihren Schmerz
Und mit diamantnem Pfluge,
Zieht der Kummer Furchen in mein Herz.
Finsterniß und Stille,
Unter eurer Hülle,
Lad' ich Erd und Himmel zum Gehör
Klagen will ich – ach mein Liebling,
Ist nicht mehr.
[155]
Hingeblutet ward sein Leben
Mein Gedanke rief dem Tode zu:
Laß dir kleinre Opfer geben!
Würger, noch nicht satt gemacht bist du,
Von den Myriaden,
Die im Blute baden?
O Verheerer, wenns dein Hunger heißt,
Nimm mich selber, nur verschone,
Meinen Kleist!
Erde die sein Blut getrunken,
Wie beneid ich diesen Tropfen dir!
Und du Thal wo er gesunken
Schauervoll und heilig bist du mir!
Ach an dieser Stäte,
Werd auf mein Gebete,
Eine Quelle, der des Wandrers Dank
Seegen lächelt, wenn er schmachtend,
Aus dir trank.
[156]
Also traurig, wie den Bräuten
Die der Schlachten Schicksal hart betraf,
Ist mir alles; mich erfreuten
Sonst die Lorbeern um des Helden Schlaf;
Aber jetzo stehen,
Selber die Trophäen,
Im Gemählde, mir zum Schrecken da,
Und der Ruhm auf den mein Liebster
Sterbend sah!
Wilder Krieg dich muß ich hassen,
Mehr als Mütter, die du ganz beraubt;
Jede Lust hat mich verlassen
Und die Trauer wölkt sich um mein Haupt,
Wenn ich Freuden lüge,
Und die Welt betrüge
In dem Munde, der zu lachen scheint,
Ach da fühlt mein blutend Herze,
Daß es weint.
[157]
Zwar des Frühlings Foderungen
Mich zu freuen, die verwerf' ich nicht,
Weil von dem, der ihn gesungen,
Jedes Blat und jede Blume spricht;
Doch in dieser Freude,
Nur geborgtem Kleide
Gehet der ernährte Gram versteckt,
Den der Lenz zu neuen Klagen
Lockend weckt.
Ach in jenen goldnen Jahren,
Blieben Glück und Freude mir getreu,
Die in deinem Umgang waren,
Und kein Tag ging ohne dich vorbey!
Du! der meinem Leben,
Grössern Werth gegeben;
Niemahls liebten zweene Brüder sich,
So, als wir vereinte Wesen,
Du und ich!
[158]
O du hast gelebt mein Süsser!
Und ich blieb um dich zu weinen hier;
Keinen Trost hoff ich gewisser
Als Befehle, die der Himmel mir
In des Todes Händen
Eilet zuzusenden.
Meine Ungeduld erwartet sie,
Dann sind unsre Seelen wieder
Harmonie!
Buchempfehlung
»In der jetzigen Zeit, nicht der Völkerwanderung nach Außen, sondern der Völkerregungen nach Innen, wo Welttheile einander bewegen und ein Land um das andre zum Vaterlande reift, wird auch der Dichter mit fortgezogen und wenigstens das Herz will mit schlagen helfen. Wahrlich! man kann nicht anders, und ich achte keinen Mann, der sich jetzo blos der Kunst zuwendet, ohne die Kunst selbst gegen die Zeit zu kehren.« schreibt Jean Paul in dem der Ausgabe vorangestellten Motto. Eines der rund einhundert Lieder, die Hoffmann von Fallersleben 1843 anonym herausgibt, wird zur deutschen Nationalhymne werden.
90 Seiten, 5.80 Euro
Buchempfehlung
Biedermeier - das klingt in heutigen Ohren nach langweiligem Spießertum, nach geschmacklosen rosa Teetässchen in Wohnzimmern, die aussehen wie Puppenstuben und in denen es irgendwie nach »Omma« riecht. Zu Recht. Aber nicht nur. Biedermeier ist auch die Zeit einer zarten Literatur der Flucht ins Idyll, des Rückzuges ins private Glück und der Tugenden. Die Menschen im Europa nach Napoleon hatten die Nase voll von großen neuen Ideen, das aufstrebende Bürgertum forderte und entwickelte eine eigene Kunst und Kultur für sich, die unabhängig von feudaler Großmannssucht bestehen sollte. Michael Holzinger hat für den zweiten Band sieben weitere Meistererzählungen ausgewählt.
432 Seiten, 19.80 Euro