[37] Es heulet der Sturm,
Es tobet die See,
Es peitschen die Wellen
Die See in die Höh'.
[37]
Es steuert ein Fahrzeug
Am seegrünen Strand,
Es steiget die Mannschaft
Mit Beben an's Land.
Ein Weib ist dazwischen,
Das Kind auf dem Arm,
Drückt's fester und flehet:
Daß Gott sich erbarm'!
Gerettet, bewahret
Von göttlicher Hand,
Bewahrt vor dem Abgrund,
Der Tiefe Gestrand.
Am Ufer ich bete,
Mit Blumen geschmückt,
Mein Kind, es ist eisig,
Mein Haupt ist gebückt.
Tot! Tot – sie es sagen,
O Vater, o nein,
Du lässest nicht halb nur
Gerettet uns sein!
[38]
Es schloß in den Fluten
Die Aeugelein zu,
O rettender Gott,
Gelobet seist Du!
Belebe mein Kindlein,
Mein Herz und mein Blut,
Sonst wollte ich lieber
Hinab in die Flut;
Zurück in die Tiefe,
In Wassers Gewalt,
Wo unser Notschuß
In Klüften verhallt.
Das Auge sie hebet
Zum Himmel empor,
Da schlaget, horch plötzlich
Ein Schrei an ihr Ohr.
Ei, sieh da, das Kindlein,
Das Kind ist erwacht,
Sein Mund hat geschrieen,
Sein Aug' hat gelacht!
[39]
Es sinkt in die Kniee
Die Mutter am Strand,
Und rufet ganz trunken:
O sehet doch Gottes Hand!
Die Männer, sie wenden
Verwundert sich um
Und geben das Kindlein
Die Runde herum.
Sie heißen es Jeder
Willkommen am Land!
Und murmeln dazwischen:
O sehet doch Gottes Hand!
Ausgewählte Ausgaben von
Gedichte (Ausgabe 1903)
|
Buchempfehlung
Der Waldbrunnen »Ich habe zu zwei verschiedenen Malen ein Menschenbild gesehen, von dem ich jedes Mal glaubte, es sei das schönste, was es auf Erden gibt«, beginnt der Erzähler. Das erste Male war es seine Frau, beim zweiten Mal ein hübsches 17-jähriges Romamädchen auf einer Reise. Dann kommt aber alles ganz anders. Der Kuß von Sentze Rupert empfindet die ihm von seinem Vater als Frau vorgeschlagene Hiltiburg als kalt und hochmütig und verweigert die Eheschließung. Am Vorabend seines darauffolgenden Abschieds in den Krieg küsst ihn in der Dunkelheit eine Unbekannte, die er nicht vergessen kann. Wer ist die Schöne? Wird er sie wiedersehen?
58 Seiten, 4.80 Euro
Buchempfehlung
Biedermeier - das klingt in heutigen Ohren nach langweiligem Spießertum, nach geschmacklosen rosa Teetässchen in Wohnzimmern, die aussehen wie Puppenstuben und in denen es irgendwie nach »Omma« riecht. Zu Recht. Aber nicht nur. Biedermeier ist auch die Zeit einer zarten Literatur der Flucht ins Idyll, des Rückzuges ins private Glück und der Tugenden. Die Menschen im Europa nach Napoleon hatten die Nase voll von großen neuen Ideen, das aufstrebende Bürgertum forderte und entwickelte eine eigene Kunst und Kultur für sich, die unabhängig von feudaler Großmannssucht bestehen sollte. Michael Holzinger hat für den zweiten Band sieben weitere Meistererzählungen ausgewählt.
432 Seiten, 19.80 Euro