[Es wankt der Boden unter unsren Füßen]

[128] Es wankt der Boden unter unsren Füßen,

Des letzten Morgenrotes heilige Parole,

Gesegnet schön und anerkannt von Pol zu Pole;

Die Menschlichkeit ist aus und Tränen fließen.
[128]

Es zieht die Nacht hinauf, die Schwerter blitzen,

Das Irrlicht sprüht, kein einzig klares Sternlein glüht,

Das zarte Blümlein unter Rosseshuf verblüht, –

Die Pulse glüh'n, die Leidenschaften sich erhitzen.


Was wird aus dieser späten Nacht entstehen?

Das Schönste, was man ehrt, es wird zum Raube,

Und Lieb' und Duldung liegen tief im Staube,

Was bleibt von allen Erdengütern da noch stehen?


Quelle:
Friederike Kempner: Gedichte. Berlin 81903, S. CXXVIII128-CXXIX129.
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