Nächtlicher Besuch

[153] Jäger.


Der Tag ist gegangen,

Hier irr' ich allein,

Wie graut mir hier außen!

O laß mich hinein.


Schäferin.


Hier innen ist's dunkel,

Die Hütte ist klein,

Der Mond steht da draußen,

Du bist nicht allein.


[153] Jäger.


Und willst du nicht öffnen,

So geh' ich in Wald

Und blase mein Hörnlein,

Das rüstig erschallt,

Und jage die Wolken

Vom Himmel wohl all,

Dann tanzen die Sterne

Zum lustigen Schall.


Schäferin.


Ich fühle, darfst glauben,

Indessen kein Leid,

Ich treibe wohl träumend

Die Schäflein zur Weid';

Ich lausche dem Vogel,

Er singet von Scherz,

Ich liege bei Blumen –

Das bringet nicht Schmerz.

Quelle:
Justinus Kerner: Werke. 6 Teile in 2 Bänden, Band 1, Berlin 1914, S. 153-154.
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