[121] Flügel und der weiße Mann waren wieder in den Postwagen gestiegen, ich aber sah die Türme der Stadt Nürnberg aus der Ferne ragen und ging, sie immer vor Augen zu haben, den Weg vollends zu Fuße weiter.
Ich konnte kaum erwarten, bis ich in die Tore dieser Stadt eintrat. Ein Wagen voll bunter Spielwaren fuhr durch sie aus. Wie viele Freuden, sprach ich bei mir, flossen den Kindern im weiten Deutschland umher schon aus diesen Toren zu!
Schon dies sollte jedem diese alte Stadt heilig machen, mag er auch nicht der starken Männer gedenken, die durch sie ausgingen und so manches gottgeweihte Bild mit schöpferischer Hand in unsern Kirchen aufstellten, vor dem noch jetzt nach Jahrhunderten manches Herz in Andacht weilt.
Ich sah mich nach keiner Herberge um, ich hatte meinen Blick nur auf die heilige Sebalduskirche gerichtet; sie stand offen, und ich trat hinein. Da war mir recht, als trät' ich plötzlich in eine andere Welt, als trät' ich in einen großen wunderbaren Sarg.
Ernst und bedeutsam blickten die alten Bilder, unsterbliche Werke deutscher Kunst, von den Wänden auf mich nieder und sahen mich fragend an.
Einer so ganz andern Welt gehörten sie an, es war alles, was sie umgab, so ganz anders, als es da außen ist, anders Licht, anders Luft und Ton; darum ward mir gar wunderlich zumute. In dieser Kirche lagen die Gebeine des heiligen Sebaldi in einem Sarge von Bronze, ein Monument von unbeschreiblicher Kunst! und über diesem Sarge wölbte sich ein zweiter Sarg, diese Kirche.
Die gemalten Glasscheiben warfen einen Schein durch die Gewölbe, der bald erstarb, bald wieder verklärt emporstrebte, je nachdem die Wolken zogen. Es war mir dies, wie ein stilles Atmen des Heiligen in diesem Sarge.[121]
Im Hintergrunde der Kirche stand eine Wanne von Bronze, die trugen die vier Evangelisten, und aus ihr empfing Wenzeslaus die heilige Taufe.