Abschiedsworte an einen Nordpolarfahrer

[38] Lebe wohl, die Träne hängt am Blicke,

Welcher dich von dannen gleiten sieht.

Dir erfüllt der Horizont sich zum Geschicke,

Und der Möwenruf zum Lied.


Ewige Ewigkeiten bist du, Skage,

Die entmenschte Menschheit los.

Unser Rattennest scheint dir nur eine Sage,

Und die Zeitung dient als Brennstoff bloß.


Ach, der Nordpol ist die einzige Gegend,

Wo die Parze Friedensstoffe webt,

Wo man sich von hier nach dort bewegend

Seiner Seele schönster Regung lebt.


Weder daß man morgens zum Ersatztee

Den Ersatzgeist aufgetischt bekommt –

Nein, der Eiskaffee ist hier am Platze,

Und die kalte Schnauze ist's, die frommt.


Denn der Eisbär ist ein edler Räuber,

Und ein stummer Bruder der Pinguin.

Möwen sind die leichten Zeitvertreiber,

Und ein biedrer Freund der Schneekamin.[38]


Kehrst nach manchen Jahren dann zurück du –

Liegt Europa brach von Menschen leer.

Bleib in deinem weißen Nordpolglück –

Du findest eine goldne Welt nicht mehr.

Quelle:
Klabund: Die Harfenjule. Berlin [1927], S. 38-39.
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