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[190] Der Heiligen Geburt Christi zu ehren gesungen.
Im Jahr 1644.
[191] H. Michael BraunenFördristen
beyder RechtenRathgebern
Doctorn.Deß Hochlöblichen
Stadgerichts der
H. Georg-Philipberühmten Wol Vornehmen
Haarsdörffern.Käyserlichen FreyenBeysitzern
Reichs-Stadt
H.M. Georg-ChristophNürnberg.Wolverordtneten
Gellern.Gerichts-schreibern.
Seinen allerseits Hochgeehrten Patronen.
Mein erstes Weyhnacht-Lied nam Buchner in die Hand
Der grosse Buchner der den Sternen längst bekandt;
Das ander bring ich euch/ jhr meiner Musen-ammen/
Das mich der wilde Mars vnd seine Krieges-flammen
Nicht gäntzlich durchgebracht; und ich jetz singen kan
In diesen edlen Stadt/ habt Gott und jhr gethan.
Werd jhr mich ferner noch/ und meine Clio hegen
Will ich ein grösser Werck zu ewren Füssen legen.
Johannes Clajus.
[192] Præclari vatis nunquam delebile nomen
Claii transivit sidera ad usq; poli:
Tu fac, Claie, hujus revoc es ut nomina Claii,
& per Te, hac vivat Claius in Urbe novus.
Præstantissimo Dn. Clajo, SS. Th. Stud. indefesso,
S.P. Joh. Mich Dilherrus.
[193] Wie werd ich mich noch eins an deinen Strom erfrischen
Die du so sanffte rauscht in bergichten Gepüschẽ/
Du reiche Nymfen-Luft/ du klarer Elben-Fluß/
Da mir die Mutter gab den aller ersten Kuß?
Ich denke noch der Zeit wenn ich von Büchern kommen
Wie offt ich lustig hab in deiner Flut geschwommen/
Wo du die Mauer lekst/ der drey geströmten Stadt
Davon das gantze Land noch seinen Namen hat.
Ich schwer es Vaterland/ ich schwer es bey der Meissen
Ich will mich noch dein Lob zu schreiben hoch befleissen/
Will spielen deine Zier/ du keusches Götter-Bad
Wie unser Maro vor bey seinem Bober that.
Anjetzund kan sie zwar kaum vor den Blute schleichen
Der Wässer-Königin; führt stadt der Fische leichen/
Wie weinet doch das Land/ wie thränet doch die Stadt
Die nicht den letzten Preiß von dreyen schönsten hat
So unser Teutschland rühmt; die muß sich jetzund quelen
Bey der die Elster und die Pleisse sich vermählen/
Wo vor raucht ein Altar kukt ein Bucefal auß
So das Gott selbst nicht frey in seiner Tempel Hauß.
Doch muß es ja so seyn das Teutschland sich soll hetzen/
und mit den Teutschen Blut den Teutschen Boden netzen/[194]
Ist sein selbst eygen Schwerd/ sticht jhm die Gurgel ab
Wird auch sein Todtenhauß/ und gräbt jhm selbst sein Grab
Ein unbeliebtes Werck: will ich was anders singen
Die Friedens volle Post die uns die Engel bringen
Das Kind/ der nächte Nacht/ deß heilgen Heiles Liecht
Das uns der Herren Herr hat selber zu gericht.
Ihr Erden-Würmer auff! last Mund und Hertz durchdringen
Der heissen andacht Glut; Last vns ein Lied erzwingen
Das geist vnd Fewer hat/ es ist kein Krieg nicht mehr
Die Jacobs-Laiter reicht von oben zu uns her:
Gott sey Lob Ehr vnd Preiß hoch in dem blauen Dache
Das grosse Menschen Hauß der Friede reicher mache
und was deß Himmels-schluß ins Werck gesetzet hat/
Das sey hier wol gethan der Erden Sinn vnd Rath.
Augustus hat nun den Pantzer abgeleget
und güldne Friedenszeit zu Land vnd See gehäget/
Es war kein Landsknecht mehr; das blank geführte Schwerdt
So noch vom Blute warm/ ward von dem rost verzehrt
Man sah wie hin und her/ die Honigmacherinnen
Ihr Wächsin Königreich gebaut mit klugen Sinnen
In einen holen Helm; es wurd kein Spiel gerührt/
Kein Stük/ kein Falkenet/ kein Mann zu Feld geführt.
Der Printz beschreibt die Welt daß er sie möge schätzen/
Macht frisches Geld vnd Volk die Städte zu besetzen[195]
Nicht sonder schlauen Rath; ein jeder gibt sich an
Bringt seinen Namen dar; es reiset Weib und Mann
Die Strassen sind erhitzt; Wie wann der Lentz begrüsset
Die Blümichten Napeen; vnd Zefyr Floren küsset/
Den fleugt die Nachtigal in ungegründter Bahn/
Vnd singet jhren Gott in Tausend weisen an
Als sonst kein Vogel thut; das ander Volck spatzieret
In Lüfften hin vnd her; vnd lieblich tireliret
Der schwangren Erden Lust; das gantze Rund ist laut/
Der schlanke Frösche Feind der klappert seiner Braut/
So thönet Berg vnd Thal; Es kömpt die Wanderruthen
Deß von Araxis her; wo er in Cyrus fluten
Sein Leimicht Wasser weltzt; Es kömpt der von den Phrat
Wo seidt der Sündflut nicht der Sud geregnet hat/
Es höret dem Befehl der jene/ der muß trinken
Deß grünen Meeres Saltz; und Elam das siht blinken
Den morgen wenn er tagt; Der ungemenschte Seyth
Der auff den Wägen lebt/ und mit den Bogen wüth.
Der Nip hat schickt sein Volck der schauplatz der Assyrer
Auß welchen Tigris quilt der schnelle Wasser Führer/
Sein weisser Bruder auch der lange Ararath
Der frembden harter Wirth so hundert Namen hat;
Auch der Pamphyliens Citronen Büsch vnd Wälder/
und Lycaoniens gedreytig-schwangre Felder
und Lyeien durchpflügt; und Gnidens Bürger geht
Wo Venus Residentz in zweyen Meeren steht/[196]
Der mit Verwunderung das Wunderwerck beschauet/
Sagt in Judæa her wie Göttlich sey gebauet
Mausoli Leichenstein; und auch Cayster läufft
In dem der Schwäne-herr die weissen Federn täufft/
Mæander auch/ der sich nach Hause wider lenket/
und Hermus der gut Gold vnd reiche Beuten schenket/
Der Götter Meisterstück bringt seinen Römer-schoß
Anjetzund Rauch vnd Dampff der Schorstein Pergamoß/
Auff das der Schiffer noch wie halb-erschrokken weiset
Wenn jetz sein Dannen Baum durch Helles Flusen reiset
und sagt: Hier hat beweint Fraw Thetys jhren Sohn
Den Held Thessaliens Pelaßgens Zier vnd Kron/
Es stunden neben jhr die Meer-Einwohnerinnen
Die ümb das Vfer noch die feuchten locken sönnen;
Auch jhre Nachtbarin das schöne Wunderfeld
Wo sich der Thrazier stetssattes Vieh enthält/
Wo jetzund nimmer Rom mit Rom sich müssen zwingen
und mit dem edlen Blut den frembden Rasen düngen/
und das der Künste-Kunst gemachet hat bekant
Athen/ und die noch jetz zwey-meerig wird genant.
Es trägt das Schatze-Geld vor Græcien vorüber
Rhodiß vnd Candien hin nach der heilgen Tyber
Dieselbsten nicht befreyt; wie auch der Donawfluß
Der Siebenströmig ist; und der nach Holland muß
Der grosse Vater Rhein; es kömpt mit jhren Söhnen
Neapolis auch an die Tochter der Sirenen.[197]
Madril und sein Salmant/ was Gallien auch hat
Die Sitten-seugerin/ und jhre schöne Stadt
Paris der Seine Kind; und was der Nilus lekket
So weit und breit er sich mit seinen Armen strekket.
Es machet auch sich auff der krum-gebogne Greiß
Mit seiner Himmels-Braut; sie gehen nach geheiß
Auff Bethlems Mauren zu; die Schatzung zu erlegen
Wie schlecht es auch hergieng; er denket unterwegen
Diß ist mein Vater Gut; wo ehmals Jesse Sohn
Vor seinem Hirtenstab den Zepter vnd die Kron
Beym Schaafen überkam; sie waren nun durchgangen
Das Galileer Land; wo schöne Früchte hangen
Von Carmels grünen Fuß; und wo beschattet war
Die bund beblumte Flur von Thabors krausen Haar/
und wo Samarien den Palmen gibt zu trinken/
Die Tochter Zion blieb mit Salem auff der linken.
In dem wil nun gemach die Sonn zu Golde gehn/
Sie sehen von dem Bühl die schlechten Dächer stehn/
Bald hebt der alte Herr von Hertzen an zu weinen/
In dem er sich besint/ wie vor die lieben seinen
Hier jhre Burg gehabt: Sey tausendmal gegrüst
Du liebes Bethlehem; die du die Mutter bist
Der heilgen Monarchi; in dir wird herrlich grünen
Der auff den Sternen geht/ dem alle Engel dienen
Vnd beyde Himmels-Pol/ sey noch einmal gegrüst
Du heilges Bethlehem; die du viel höher bist
Als wol deß Jupiters deß Donnersgottes Wiegen/
Die Wachtel-Insel selbst muß dir zum Füssen liegen[198]
Mit jhren Zwillingen; Es wirfft die Krone hin
Der strenge Tyber Strom; der Städte Königin
Die ewige Stadt-Rom; die bükket zu den Füssen
Die sieben Hügel hin/ ümb diesen Printz zu küssen.
Auff diß reist er sich und den lassen Träger fort/
Biß das er mit der Nacht erreicht der reise-Port.
Als er nun angelangt siht er wie alle Gassen
und Strassen sind verrant; das Dorff ist gantz verlassen
und hauset in der Stadt; man spant die Wägen auß
Der Wirth ist nicht mehr-Wirth in seinem eygnen Hauß
So dränget sich der Gast; es schallet vom getümmel
Das sonst unwerthe Land; der Liecht-gestirnte-Himmel
Scheint heller noch zu seyn; der dikke reise man
Der zündet hier ich weiß nicht was vor Feuer an
Mehr zu der lust als noth; Wie sehr er sich bemühet
Durch alle Plätze läufft/ und alle Stadt durch sihet
Find er doch keinen raum; der vns hat her gebracht
Sprach er; der wird uns auch versorgen über Nacht
Nach seiner Prophecey; unweit hat auffgeführet
und umb und umb mit Mooß und Laubwerck außgezieret
Natura eine grufft; hier soll das Schawspiel seyn
Dem Sternen längst bewust; eh weder Stock noch Stein
und nichts geschaffen war; allhie will der einkehren
Der auff den Wolcken reit/ den die Herrschafften ehren
und dieses gantze dient; auff dieser Achseln rast
Wie fast der Taurus selbst/ mit seiner Berge-last[199]
Die überschüssig sind; die Felsen stehn entblöset
Von Jahren kahl gemacht/ mit Wust vnd Sand bemöset/
Hier schlägt der alte Herr sein Kaltes Lager auff/
Er macht ein Fewer an/ wirfft dürre Reiser drauff
und abgestreifftes Laub, die so den Himmel träget
Hat sich auff ein bund Hew und schütte Stroh geleget/
Die Erde wird jhr Pfül; der überzug ein Fell;
Das Losament ein Stall; der trunck ein Wasserquell.
Er schlicht das müde Vieh/ und bind es an die Klippen
Gib jhm ein Futter hin/ und bauet eine Krippen.
Auff auf mein froher Geist/ und du mein gantzes Ich
Mein alles was in mir selb-selbsten rege sich
Auff/ auff du must anjetzt dich in die höle schwingen/
Wo keiner noch vor dir sich hingewagt mit singen!
Die lange Winternacht die hatte nun umbhüllt
Den müden Erden-Kreiß; das Stadt-Volck war gestillt
Das dorff lag in der Ruh; der Busch der war zu Bette
Die Fische und jhr Meer die schliefen in die wette/
Der fromme hatte sich gleich auch zur Wand gestreckt/
Sich und sein greises Haar mit Schilffe zu gedeckt/
Wie wann Matuta hüpfft/ und auff den höhen taget;
So kompt ein liechter Strahl/ der in der Grufft verjaget
Die schwartz-gewölkte Nacht; der Engel süsser Chor
In Lüfften musicirt/ auff Harpffen vnd Pandor.
Die Jungfraw hört den Thon/ und fühlt die süssen Schmertzen/
Den schönen Bräutigam der unter jhren Hertzen/[200]
Alsbald richt sie sich auff-der hellen Augen liecht
Ist mit gefaltner Hand zum Sternen hingericht
Vnd betet: Gott der du die Wolcken-Feuer-führest
Dein trefflichs Meisterrecht; und Erd und See regierest
und was darinnen webt; soll heint der Helden-Held
Der Glantz der Herrligkeit begrüssen diese Welt/
So nim die reiffe Frucht nim hin zu treuen Händen
Das höchstvertraute gut; der Himmel wolle wenden
Der keuschen Zuchtgefahr; Kom/ kom/ kom lieber Sohn
Du Jesse Zweigelein: mich deucht ich seh dich schon
In meiner weichen Schoß das fromme Müthlein kühlen/
Den gantzen Tag an den nicht-frembden Brüsten spielen/
Biß das dich überfällt deß Todtes-Ebenbild/
Den schläfestu/ mein Hertz/ in Windeln eingehült
Biß das der Tag auffsteht; Wann Titan sitzt zu wagen
Wirstu ümb meinen Halß die zarten Händlein schlagen
und lächlen fein darzu; ein süsser Liebes-Kuß
Soll kürtzen mir und dir der langen Zeit verdruß.
Nun ist die stunde da. Die rothbeflamten Sternen
Die wachen in der Lufft/ und schauen zu von fernen/
Das heitre Götter-Hauß ist sperrweit auffgethan/
Das gantze Firmament tritt frölich auff dem Plan
und siht dem Feste zu; Kom Gottes Geist und führe
Mir meine schwache Faust; die Dint und Feder rühre
Mit einer heilgen Glut; ich weiß nicht wo ich bin/
Es gilt kein haiten nicht; weg ungerathner Sinn[201]
Hier ist nichts sterbliches; hieher hat sich gelassen
O Demut! Der diß rund mit einer Hand kan fassen/
Hier ist deß Vatters Wort/ das von sich selbst besteht
Das Amfitriten trit und auff den Wolken gehet/
Hier ist der reiche Wind der auß der finstern tieffen
Ost/ Nord/ Sud/ West gerufft; auf dessen hauchen lieffen
Die Thiere in den Forst; das blaue schuppen heer
Gieng nach der kalten Flut; es schwung sich auß dem Meer
Hin in die leichte Lufft das lautbare Geflügel/
Die Erde wurd begrünt/ es jauchtzten Thal und Hügel
Von seines Odems-Krafft; Nun dieser beysein macht
Daß Sie in minsten nicht die blassen Sorgen acht.
O Frewden volle Post! anjetzt wird der geboren
Der vor der Welt Geburt zum Heyl der Welt erkohren:
Als wie deß Lentzen-Lentz wenn er das Jahr verjüngt
Beperlet Laub und Graß/ und stoltze Tulpen bringt
Auff derer trunknen Haupt das runde Silber leuchtet
und daumelt von den rausch; der Fußsteig wird befeuchtet
und netzt den Wandersmann; da doch kein Regen träufft
Den wol das dürre Land gantz dürstig in sich säufft
Wenn es deß Hunds-stern sengt; dort weint auff dürren Halmen
Der Cedern würdig ist; und jmmer grüne Palmen
und ewigs Lorber-Laub; die Gotts-Gebärerin
Die Mutter worden ist/ die bleibet wie vorhin[202]
Gantz unbeflekt und rein; wie Föbus wann er rennet
und mit der Stralen-blitz die liechten Fenster trennet
und führt den tag hindurch; die Finsternüß verschwind
Das Glaß bleibt unverletzt/ helt Winter auff und Wind.
Kompt her jhr Frauen-Volck seht euren Schöpffer ligen
Auff strengen Hew und Stroh; die Kripp ist seine Wiegẽ/
Kein Fürhang von Scarlat ist hier/ kein Feder-zeltt
Darein die Wöchnerin zur sanfften Ruhe felt.
Hier hat die Nadel nicht die Windeln außgemahlet/
Mit bunter Würmer-müh; kein güldner Teppich stralet/
Kein Bergewandt ist hier mit Amber angefeucht/
Das Zimmer ist ein Ort der nach dem Viehe reucht.
Tret her und hört das Kind wie schmertzlich es bethränet
Was Eva hat uerwirkt; in dem sie sich gesehnet
Nach den verbotnen Baum; Pomonen rothes Gold
Hat dich vernaschtes Weib/ O Mordio der schuld!
Zu dieser That verlokt; du hast die Frucht gebrochen/
Mich und die gantze Welt hat Höll vnd Todt durchkrochẽ/
Diß diß beweint diß Kind was du mit Lust verbracht.
Der alte Herr in deß von seinem Schlaff erwacht
Richt sich ermuntert auff; und siht deß Festes-feyer
Die halb-Gottin zerreist auß Armuth jhren Schleyer
und windelt jhren Sohn; trägt jhm hin auff das Graß
Das ein gehörntes Rind und dummer Esel aß.
Er wundert sich deß Liechts/ der keuschen Frauen blinken/
Der Geigen süsser klang/ der laute hal der Zinken[203]
Kömpt jhm befrembdet vor; die neue Melodey
Von dem der ein Monarch der Ewigkeiten sey
Jagt in jhm heilge Furcht; bald siht er an der Mutter
Das rosen Angesicht; bald auff den rauhen Futter
Deß grossen Gottes-Kind; bald rufft Er Freudig auff:
Den höchsten sag ich Danck; diß ist der Jahre lauff
Die die vor-Welt gehofft; diß ist das Gold der Zeiten/
Mars wirfft die Lantzen weg/ zerstikt das stahl der seiten
Der Fried ümb armet sie die Jungfer die ein Schwerdt
und eine Wage helt/ was David vor begehrt/
Frau Fama wird die Nacht auff jhren schnellen Wagen
Biß in das Schlaff gemach der rothen Sonnen tragen/
und da wo sie gebutzt auß jhrer Kammer geht
Mit auffgeflamten Haar am Sternen-Dache steht.
Es wird auch dieses Liecht/ den gantzen Kreiß der Erden
Bekant seyn/ und von Jahr zu Jahr gefeyret werden/
Da wo der grosse-Bär sein Schnee-gefilde neigt
und neben jhm der Krebs die kalten arme zeigt.
So sagt er. Alsobald/ die reinen Geister schwimmen
Im Leeren hin vnd her; die silber-Flügel krümmen
Zu kukken in den Stall; hier schwebet Gottes Krafft/
Hier fleugt wer ist wie Gott/ von Gottes Bürgerschafft
Hier Liecht/ hier Raphael/ hier Feuer-Cherubinnen
und tausend tausend baar der Sänger-Seraphinnen/
Die Nacht wird lauter Tag/ die milde Venus-lacht
Der liecht-beflamte Bär steht auff der Post vnn wacht/[204]
Es bringt die Königin der frohen Himmels-Wächter
Die volle Cynthia mit flinkernden Gelächter
Durch Junons blauen Saal; heint hat den trauer-Flor
Die Jungfrau hingelegt; Orion tritt hervor
und führt den Degen blank; die rundgewölbten Bogen
Sind mit den besten Gold und Demant überzogen/
Es stund gleich auff der Hut Hirt Joas und sein Knecht
Elissar Ephraim von Isai Geschlecht
Die lagen ohne schlaff auff der bereifften Heyde
Das fromme Wollen-Vieh gieng an der feisten Weyde
Auff der Bethleher trifft; der wachsam Fylax beltt
Der zötichte Moloß die neuen stralen meltt/
Der Bökke Mütter auch/ die geilen Kletter-Ziegen
Die unter freyer Lufft auff harter Erde liegen/
Es schallet vom geblök der angelegne Plan/
Die Hirten stehen auff/ bald fängt ein Cherub an:
Ihr Knaben fürcht euch nicht/ ich bring euch grosse Freude
Vom Himmel außgeschikt; da wo das Dorff-Gebäude
Das trächtig Bethlehem steigt an das sternen-Feld
Schläfft in der Kisel-grufft das Heil der gantzen Welt:
Geht eylet/ säumt euch nicht/ und bringt jhm Hirten-gabẽ
Brecht Obst und Blumen ab/ und was die Höfe tragen/
Hascht einen feisten Haan dort auff den Vater-gut/
Bringt Korb und Bienen her/ und neues Trauben-Blut/[205]
Spielt auch ein newes Lied auff Flöten und Schalmeyen
und führet grün-bekräntzt nach Dörffer-art den reyhen.
Sie denken hin und her/ wer doch die Botschafft schikt
Wer doch der König sey der sich mit Kräntzen schmükt/
Sie brechen Majoran auff gut-geheiß der Götter
und Pol und Roßmari; Cypreß und Lorber-blätter
Vermengt mit Winter-grün; ein jeder krönt sein Haar
Das von der Sonnen braun/ und weiß vom Reiffe war.
Sie zünden Fakkeln an/ und gehen durch die Wälder/
Der helle Glantz dringt durch/ vergüldet Thal und Felder/
Wie wann die Sonne hitz und durch den Löwen rent
Sich offt der Hartzt entflamt und Pusch und Heyde brent.
Bald werden sie gewar das unfern in den Hekken
Ein kleines Feuer raucht; da wo die Klippen dekken
Den außgefreßnen Felß; sie lauffen darauff zu
und sehen wie das Vieh schnaufft an der sanfften ruh.
Der alte nehrt die Glut/ sie stehet vor der Krippen
Deß Himmels auff enthalt; und reicht den kleinen Lippen
Die Purpur ähnlich seyn/ die rund-erhabne Brust
Auß welcher Perl-Milch taut/ und süsse Gotter-Kost.
Bald tragen sie daher mit jauchtzen und mit loben
Ein hohes Lorberlaub das neulich war gehoben
von seiner Wurtzel auß; Amymtas singet vor
Mnasylus dudelt drein/ dann rufft der volle Chor.
Drauff setzen sie es ein hin vor die Thür der schönen
Mnasylus dudelt fort die Haber-Pfeiffen thönen[206]
Sie fügen Hand an Hand/ und führen einen Tantz
Rings ümb den Baum ümbher; verwechseln Krantz mit Krantz/
Theils bauen einen Wald von finstern Terebinthen
und zieren jhn mit Klee und blauen Hyacynthen/
Die junge Pursche führt ein frisch-belaubtes Dach
Von Myrten-Zweigen auff/ und singet nach und nach
und wünschet das diß Hauß biß an den Monden reiche
und nun und nimmermehr sein krauses Haar verbleiche
Vertrockne nie sein safft; der Hertzens-fromme Mann
Geht auß der Grufft hervor und redt sie folgend an:
Ihr Hirten saget auß wer hat euch von den matten
Berufft? Wem soll diß Lied/ und dieser Wälder schatten?
Wer hat euch diese Post so schleunig kund gemacht/
Was vor ein rauher Weg hat euch hieher gebracht?
Wir haben/ sprechen sie/ ein newes Liecht gesehen
Sich über unser trifft/ und Hurden offt verdrehen/
Ob es ein Götter-Kind/ und ob es Gott gesand
Ist unser Pursch und uns in Warheit unbekandt/
Er war so wunder-schön als wie die güldnen Flittern
Auff Galateen Haupt im hellen mittag zittern/
Dem bringen wir nun Dank/ Narzissen und Borrag
und Körbe voller Obst/ und was das Hauß vermag.
Hirt Isai tritt hin der Jungfrau zu den Füssen
und Joas neben jhm den Hirten zu begrüssen/
Hirt Joas weit und breit in Wäldern hoch gepreist
Der hundert Herdẽ-Vieh/ auff hundert brachen speist/[207]
Hirt Isai belobt und trefflich gut in singen/
Er zwingt ein künstlich Lied von diesen Wunder-dingen
und spielt es artlich her; in dem der Pfeiffen-Rohr
Das sieben fächtig steht schwingt diesen Thon empor:
Nun weydet euer Vieh jhr lieben Hirten weydet/
und singet auch wie ich/ die Trifft ist unbeneydet/
Wird treiben ungepfändt die Lämmer auß und ein/
Feld-Kümmel gelber Klee soll fort hin Futter seyn/
Diß ist die Jungfrau hier/ diß sind Saturnus Zeiten
Entfernet von dem Krieg/ befreyet von dem streiten/
Der Dieb der Lämmer-feind ist hin und abgethan/
Jo Gott ehre mir nun einen Schäfer-mann!
Diß ist das schöne Kind so von den Himmel kommen
Daß das verruchte Volk zu Gnaden angenommen/
Die Palme gläntzet schön in Ceres gelber saat/
Nunmehr ist gut gemacht die alte Missethat/
Das vor-versagte Feld ist wider auffgeschlossen/
Die Gifft-gefülte Schlang mit Pfeilen todt geschossen.
O Kind in deinen Geist hat sich Gott eingestelt
Du sihst den Helden zu du jenen gleicher Held.
Wie schön erröthen doch die Aepffel auff den Aesten
Du du du schönes Kind/ bist schöner als die besten/
Bist schöner als das Blut das meinen Mon bemahlt
Bist schöner als der Glantz der Fewer-Lilien stralt.
Wie süsse ist der saat ein angenehmer Regen/
Wie süsse ist der schlaff den müden unter Wegen/
Wie süsse ist der Taw dem Honigvögelein/
Wie süsse ist der Klee den müden Schäfelein/[208]
Du du du süsses Kind du süsser Himmels-segen
Bist süsser als der Klee/ und Schlaff/ und Tau/ und Regen/
Du Honig-süsses Kind bist süsser als der Wein/
Der süsse schmekt und ist/ O süsses Jesulein!
Frau Flora sage mir wo deine Sternlein gläntzen/
Damit ich heute kan mein Jesulein bekräntzen/
Steig ich auff Libanons deß Wolken-dringers Wald
Da wor sein Ceder-Pusch wird nimmer ungestalt?
Auch Jordans-strom der doch mit gläsernen Gewässer
Die Palmen Wälder tränkt rings ümb die reinen Flösser
Trägt solchen Zierrath nicht; nim zu Genaden an
Was ich dir spiele hier; ich gebe was ich kan
Nim diesen Quendel hin diß Epheu diese Trauben/
Wenn du nun grösser wirst will ich dich gantz ümb-Lauben/
Die lautre Lämmer-Milch/ der süsse Blumen-must
Soll fliessen ab und zu für dir nach Hertzens-lust/
Es wird die Bauer-Pursch dir hundert Altar bauen
und hundert noch dar zu in Gründen und in Auen/
Das Vieh/ wird biß an Halß in dikken Grase stehn
Die Ziege nach den Stall mit vollen Euttern gehn.
Nun kleines Kind fang an die Mutter zu erkennen
An jhrer Liebligkeit; und mitler Zeit zu nennen.
So sang er und noch mehr; der klare widerschall
Wurd jhm zurück gebracht durch Büsche Berg und Thal
und träget dieses Lied biß an das Rad der Sonnen
Die Fichten rufften nach/ die Weyden bey den Brunnen/[209]
Der auffgeritzte Felß/ der ruffte überlaut:
Hier Gott und seine Braut/ hier Gott und seine Braut.
In deß steht Joas dort bey einer hohen Linden
Gebükket auff den Stab/ und schneidet in die Rinden/
Den Namen Jesus ein; so sagt er wachse fort
Mit diesen frischen Stamm du Zukker-süsses Wort.
Die köstliche Fontein der König aller Flüsse
Der Vater Jordan lauscht wie naß auch seine Füsse
Hört diesen Schäfern zu in seiner kalten Fahrt
und schlicht mit feuchter Hand den nassen Glase-Bart
Jordan das kühle Bad der geilen Orcaden
und angenehme strand der quellenden Najaden/
Die an den Vfer hier mit lust spatzieren gehn
Wenn auff jhr weiches Haar die linden Weste when
und geißlen gleich den Halß; wenn Pan begint zu singen
Der Bok-gefüste Pan/ der trefflich weiß zu schwingen
Die wilden Fürstinnen; da der und der schön pfeifft
Durch Rohr und holes Schilff/ und nach der liebsten schweifft.
Es siht der grüne Greiß den zakken reicher Flüssen
und mit gefreyter Flut das Vfer überschiessen
Deß weissen Libanons Gewölbe stehet krauß
Jordans-Gebärerin/ und geusset öffter auß
Den Cristallinen Krug; Pyropens Feuer spielet
In das berühmte Glaß; wie wann Aurora kühlet
Mit jhrer gelben-Glut; Das Wasser leuchtet/ weit
und reucht nach Casten und Balsams-fettigkeit[210]
Es lacht und lebet als/ die Rosen-Knöpff auffspriessen
Der Königs-Kronen Pracht/ und tausend schön auffschiessen
und Meyenblümelein; die Turteltaube rufft
Der braune Finke binkt den Buhlen auß der Lufft.
Ihr Nymfen die jhr wohnt sagt er: in diesen Bronnen
Legt euren Zierat an von grünen Mooß gesponnen
Bekleidt der Brüste zier mit Gold-gewirkten Flor
und klatzschet in die Hand/ blast trotz Tritonen Chor
Auff unsern Muscheln eins; So so jhr Jordaninnen
Beblumet euer Haupt/ erhöhet ewre Sinnen/
Schwimt hin und nehmet an die grosse Göttligkeit
und fallet jhr zu Fuß die jhr selbst Göttlich seyd.
Es wird uns dieses Kind erhöhen für den Flüssen
Die in die Donaw sich und in den Rhein ergiessen/
Wenn es in unser Bad wird selber steigen ein
und ümb und neben jhm deß Himmels-Fürsten sein.
Schwimt jmmer näher hin/ und häget lobe Täntze/
Wind für die Hand ein Strauß/ und für die Scheitel Kräntze
Wolan es schikket sich zur angenehmen Ruh
Springt/ singt/ auffs best jhr köndt/ singt jhm die Aeuglein zu:
Frau Doris abgericht die Lautte zu bestreiten
Greiff mit gelehrter Hand in die nicht-hellen seiten/
Frau Doris derer Stirn in voller röthe blüt
Spielt mit sehr kluger Hand und Mund diß Wiegen-Liedt:[211]
Schlaff/ schlaff du liebes Kind die Engelein dich wiegen/
Die ümb die Kripp und dich in grosser menge fliegen/
Die sich schwingen
Dich besingen
Dich den Printzen
Der Provintzen
Schlaff ohn Sorgen
Du heilges Engel-süß biß an den liechten morgen.
Schweig/ schweig du heilges Kind/ du keusche Mutter-lust/
Die Himmels-Wöchnerin entblöst die weisse Brust/
Dir zu schenken
Von Getränken
Die durch süssen
Vnd geniessen
Auß den Schalen
Mit Nectar angefüllt/ die Götter auff den mahlen.
Schlaff/ schlaff mein Jesulein das Jungfer-Volk dich schmükket
Die Windeln sind mit Gold und Perlen außgestikket
Die Opalen
Liecht bestralen
Vnd bezieren
Mit Saffieren
Die Corallen
Das du O Bräutigam mögst jhnen wol gefallen.[212]
Schweig/ schweig du liebes Kind die Zucht der Vögelein
Die dir das Himmelnaß und Manna träget ein/
Bringt das süsse
Seiner Füsse
In den Lippen
Zu der Krippen
und bestreichet
Den Mund den kein Rubin an hohen Farben gleichet.
Schlaff/ schlaff du liebes Kind die Sängerin der Erden
Durch derer Stimme Saat und Heyden heimlich werden/
Tireliret
Musiciret
Singt und saget
Lacht und klaget
Klagt und lachet
Das deiner Augen-Liecht nicht auß der Ruh erwachet.
Schweig/ schweig mein Jesulein/ der Nordwind leget sich
Der West wirfft Majoran und bunten Klee auff dich
Purpur-Blumen
Auß Idumen
und Narzissen
Von den Flüssen
Pomerantzen
Ringst ümb die Wiegen her mit den Violen tantzen.
Schlaff/ schlaff mein liebes Kind jetzt kömpt der Chor der Hirten
Bricht grünes Lorbeer-Laub bestecket dich mit Myrten[213]
Schenkt dir Lilien
Gelbe Spielgen
Obst und Trauben
Milch und Tauben
Joas singet
und gibt dir grosser Hirt was nur sein Forwerg bringet.
Schweig/ schweig mein Jesulein der Persen Reuterey
Bringt dir von Morgen her gut Gold und Specerey/
Güldene-Hörner
Weyhrauch-Körner
Myrren-Aehren
Zukker-Röhren
Zimmet-Rinden
Vnd was der heilge Christ/ wird mehr zusammen binden.
Ende.
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Anders als in seinen früheren, naturalistischen Stücken, widmet sich Schnitzler in seinem einsamen Weg dem sozialpsychologischen Problem menschlicher Kommunikation. Die Schicksale der Familie des Kunstprofessors Wegrat, des alten Malers Julian Fichtner und des sterbenskranken Dichters Stephan von Sala sind in Wien um 1900 tragisch miteinander verwoben und enden schließlich alle in der Einsamkeit.
70 Seiten, 4.80 Euro
Buchempfehlung
Biedermeier - das klingt in heutigen Ohren nach langweiligem Spießertum, nach geschmacklosen rosa Teetässchen in Wohnzimmern, die aussehen wie Puppenstuben und in denen es irgendwie nach »Omma« riecht. Zu Recht. Aber nicht nur. Biedermeier ist auch die Zeit einer zarten Literatur der Flucht ins Idyll, des Rückzuges ins private Glück und der Tugenden. Die Menschen im Europa nach Napoleon hatten die Nase voll von großen neuen Ideen, das aufstrebende Bürgertum forderte und entwickelte eine eigene Kunst und Kultur für sich, die unabhängig von feudaler Großmannssucht bestehen sollte. Dass das gelungen ist, zeigt Michael Holzingers Auswahl von neun Meistererzählungen aus der sogenannten Biedermeierzeit.
434 Seiten, 19.80 Euro