Erster Auftritt

[373] Obrist Kottwitz, Graf Hohenzollern, Rittmeister von der Golz, und andere Offiziere, an der Spitze der Reuterei, treten auf.


OBRIST KOTTWITZ außerhalb der Szene.

Halt hier die Reuterei, und abgesessen!

HOHENZOLLERN UND GOLZ treten auf.

Halt! – Halt!

OBRIST KOTTWITZ.

Wer hilft vom Pferde mir, ihr Freunde?

HOHENZOLLERN UND GOLZ.

Hier, Alter, hier!


Sie treten wieder zurück.


OBRIST KOTTWITZ außerhalb.

Habt Dank! – Ouf! Daß die Pest mich!

– Ein edler Sohn, für euren Dienst, jedwedem,

Der euch, wenn ihr zerfallt, ein Gleiches tut!


Er tritt auf; Hohenzollern, Golz und andere, hinter ihm.


Ja, auf dem Roß fühl ich voll Jugend mich;

Doch sitz ich ab, da hebt ein Strauß sich an,

Als ob sich Leib und Seele kämpfend trennten!


Er sieht sich um.


Wo ist des Prinzen, unsers Führers, Durchlaucht?

HOHENZOLLERN.

Der Prinz kehrt gleich zu dir zurück!

OBRIST KOTTWITZ.

Wo ist er?[373]

HOHENZOLLERN.

Er ritt ins Dorf, das dir, versteckt in Büschen,

Zur Seite blieb. Er wird gleich wiederkommen.

EIN OFFIZIER.

Zur Nachtzeit, hör ich, fiel er mit dem Pferd?

HOHENZOLLERN.

Ich glaube, ja.

OBRIST KOTTWITZ.

Er fiel?

HOHENZOLLERN wendet sich.

Nichts von Bedeutung!

Sein Rappe scheute an der Mühle sich,

Jedoch, leichthin zur Seite niedergleitend,

Tat er auch nicht den mindsten Schaden sich.

Es ist den Odem keiner Sorge wert.

OBRIST KOTTWITZ auf einen Hügel tretend.

Ein schöner Tag, so wahr ich Leben atme!

Ein Tag von Gott, dem hohen Herrn der Welt,

Gemacht zu süßerm Ding als sich zu schlagen!

Die Sonne schimmert rötlich durch die Wolken,

Und die Gefühle flattern, mit der Lerche,

Zum heitern Duft des Himmels jubelnd auf! –

GOLZ.

Hast du den Marschall Dörfling aufgefunden?

OBRIST KOTTWITZ kommt vorwärts.

Zum Henker, nein! Was denkt die Exzellenz?

Bin ich ein Pfeil, ein Vogel, ein Gedanke,

Daß er mich durch das ganze Schlachtfeld sprengt?

Ich war beim Vortrab, auf den Hackelhöhn,

Und in dem Hackelgrund, beim Hintertrab:

Doch wen ich nicht gefunden, war der Marschall!

Drauf meine Reuter sucht ich wieder auf.

GOLZ.

Das wird sehr leid ihm tun. Es schien, er hatte

Dir von Belang noch etwas zu vertraun.

DER OFFIZIER.

Da kommt des Prinzen, unsers Führers, Durchlaucht![374]


Quelle:
Heinrich von Kleist: Werke und Briefe in vier Bänden. Band 2, Berlin und Weimar 1978, S. 373-375.
Lizenz:
Kategorien:
Ausgewählte Ausgaben von
Prinz Friedrich von Homburg
EinFach Deutsch: Heinrich von Kleist, Prinz Friedrich von Homburg: Ein Schauspiel. Erarbeitet und mit Anmerkungen versehen, Für die Gymnasiale Oberstufe
Prinz Friedrich von Homburg
Prinz Friedrich von Homburg: Ein Schauspiel. Studienausgabe
Prinz Friedrich von Homburg: Ein Schauspiel. Erstdruck (Suhrkamp BasisBibliothek)
Amphitryon / Prinz Friedrich von Homburg: Dramen

Buchempfehlung

Kleist, Heinrich von

Die Hermannsschlacht. Ein Drama

Die Hermannsschlacht. Ein Drama

Nach der Niederlage gegen Frankreich rückt Kleist seine 1808 entstandene Bearbeitung des Hermann-Mythos in den Zusammenhang der damals aktuellen politischen Lage. Seine Version der Varusschlacht, die durchaus als Aufforderung zum Widerstand gegen Frankreich verstanden werden konnte, erschien erst 1821, 10 Jahre nach Kleists Tod.

112 Seiten, 5.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Große Erzählungen der Frühromantik

Große Erzählungen der Frühromantik

1799 schreibt Novalis seinen Heinrich von Ofterdingen und schafft mit der blauen Blume, nach der der Jüngling sich sehnt, das Symbol einer der wirkungsmächtigsten Epochen unseres Kulturkreises. Ricarda Huch wird dazu viel später bemerken: »Die blaue Blume ist aber das, was jeder sucht, ohne es selbst zu wissen, nenne man es nun Gott, Ewigkeit oder Liebe.« Diese und fünf weitere große Erzählungen der Frühromantik hat Michael Holzinger für diese Leseausgabe ausgewählt.

396 Seiten, 19.80 Euro

Ansehen bei Amazon