Der Selige

[197] Wie erhöht, Weltherscher,

Deine Bewundrung den Geist des Staubs!

Denket er dich, Herlicher, welches Gefühl

Flamt in ihm! welcher Gedank' hebt ihn, denket er dich!


Ist ein Mensch glückselig?

Einer der Waller am Grabe das?

Du, der es ist, rede, dich frag' ich allein:

Nennest du, würdigest du etwas Seligkeit dann,


In dem Staub' hier unten,

Dann noch zu nennen, wenn Gottes Wink

Wonnegefühl seiner Vollkommenheit dir

Sendet, du freudig erschrickst über Gott, wie in Traum,
[198]

Vor dem Hingang selig?

Fliege durch Welten, und sey der Freund

Derer, die schon Ewigkeit hinter sich sehn,

Dachten, und thaten: du bist nur glückselig selbst dort!


Denn des Herrn Anschauen

Ist es allein, was dir Seligkeit,

Jenes Gefühl seiner Vollkommenheit dir

Giebt, dass du freudig erschrickst über Gott, den du schaust!


Quelle:
Friedrich Gottlieb Klopstock: Oden, Band 1, Leipzig 1798, S. 197-199.
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