Fürstenlob

[11] Dank dir, mein Geist, dass du seit deiner Reife Beginn,

Beschlossest, bey dem Beschluss verhartest:

Nie durch höfisches Lob zu entweihn

Die heilige Dichtkunst,


Durch das Lob lüstender Schwelger, oder eingewebter

Fliegen, Eroberer, Tyrannen ohne Schwert,

Nicht grübelnder, handelnder Gottesleugner,

Halbmenschen, die sich, in vollem dummen Ernst, für höhere


Wesen halten als uns. Nicht alte Dichtersitte,

Nicht Schimmer, der Licht log,

Freunde nicht, die geblendet bewunderten,

Vermochten deinen Entschluss zu erschüttern.
[12]

Denn du, ein biegsamer Frühlingsspross

Bey kleineren Dingen,

Bist, wenn es grössere gilt,

Eiche, die dem Orkane steht.


Und deckte gebildeter Marmor euch das Grab;

Schandsäul' ist der Marmor: wenn euer Gesang

Kakerlakken, oder Orangutane

Zu Göttern verschuf.


Ruhe nicht sanft, Gebein der Vergötterer! Sie sinds,

Sie habens gemacht, dass nun die Geschichte nur

Denkmaal ist; die Dichtkunst

Nicht Denkmaal ist!


Gemacht, dass ich mit zitternder Hand

Die Saite von Daniens Friederich rührte;

Sie werde von Badens Friederich rühren,

Mit zitternder Hand.


Denn o wo ist der sorgsame Wahrheitsforscher,

Der geht, und die Zeugen verhört? Geh hin, noch leben die Zeugen,

Und halte Verhör, und zeih, wenn du kanst,

Auch mich der Entweihung!


Quelle:
Friedrich Gottlieb Klopstock: Oden, Band 2, Leipzig 1798, S. 11-13.
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