Die deutsche Bibel

[112] Heiliger Luther, bitte für die Armen,

Denen Geistes Beruf nicht scholl, und die doch

Nachdolmetschen, dass sie zur Selbsterkentniss

Endlich genesen!


Weder die Sitte, noch der Sprache Weise

Kennen sie, und es ist der reinen Keuschheit

Ihnen Märchen! was sich erhebt, was Kraft hat,

Edleres, Thorheit!


Dunkel auf immer ihnen jener Gipfel,

Den du muthig erstiegst, und dort des Vater

Landes Sprache bildetest, zu der Engel

Sprach', und der Menschen.
[113]

Zeiten entflohn: allein die umgeschafne

Blieb; und diese Gestalt wird nie sich wandeln!

Lächeln wird, wie wir, sie dereinst der Enkel,

Ernst sie, wie wir, sehn.


Heiliger Luther, bitte für die Armen,

Dass ihr stammelnd Gered' ihr Ohr vernehme,

Und sie dastehn, Thränen der Reu im Blick, die

Hand auf dem Munde!

Quelle:
Friedrich Gottlieb Klopstock: Oden, Band 2, Leipzig 1798, S. 112-114.
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