Sechster Auftritt.

[11] Adam. Seth. Selima.


ADAM vor sich. Sie ist todtblaß, wie Abel war, da er am Altare lag! Zu Selima. Warum bist du so bekümmert, Selima? Sey ruhig, meine Tochter.

SELIMA. Zürne nicht mit mir, mein Vater, daß ich dir nicht gehorchte. Habe Mitleiden mit deiner Selima. Da ich eilte zu meiner Mutter zu gehn, da wurde ich so bang, so beklommen über Das, was mir Seth von dir gesagt hatte, daß es mir auf Einmal dunkel vor meinen Augen ward. Weiter weiß ich nicht, was geschah. Ich habe mich seitdem unter den Blumen wieder gefunden. Ach, zürne nicht, daß ich nicht zur Laube gegangen bin. Mein Vater! Sie umfaßt seine Knie. sey nicht traurig, mein Vater! Soll ich kühlende Blätter auf deinen Sommersitz streuen? und ihn überschatten, daß du da sitzest und deine Kinder kommen siehest?

ADAM. Steh' auf, Selima! Du bist meine geliebte Tochter! Sey meinetwegen nicht bekümmert. Ich habe nur eine[11] ernsthafte Unterredung mit Seth. Ich bin in der Vorhütte gewesen. Du hast den Weinstock noch nicht so hoch an den Ulm hinaufgewunden, als du mir sagtest, da du thun wolltest. Du bist meine geliebte Selima. Geh' hin und sey ruhig. Du weißt, ich liebe diesen Ulmbaum vor allen unsern nachbarlichen Bäumen.


Quelle:
Friedrich Gottlieb Klopstock: Sämmtliche Werke. Band 6, Leipzig 1844, S. 11-12.
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Der Tod Adams
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