Der 2. Absatz.

Von noch etlich anderen Fischen.

[401] Der Aal / Anguilla, ist ein an der Gestalt den Schlangen gleichender / langer / runder / schlüpfferig- und sehr beweglicher Fisch / der nicht wohl mit blossen Händen kan gehalten werden / daß er nicht ausschlüpffe: Er hat ein sehr starckes Leben / und wann ihm schon die Haut abgezogen / ja wann er schon in Stuck zertheilt ist / da rührt er sich noch.7 Der Aal befindet sich in unterschiedlichen frischen See und Flüssen / und wird auf unterschiedliche Weiß gezeugt und gefangen. Sein Fleisch ist lieblich zu essen / aber wegen der Fette nicht gesund. In trüben Wässeren ersticken die Aal bald / hingegen können sie ausser dem Wasser eine gute Weil an dem Lufft leben / absonderlich auf kühlem schattichtem Gras-Boden. Bey der Nacht waiden sie sich / bey Tag aber verschlieffen sie sich in die Löcher des Grunds: sie fressen unterschiedliche Ding / die sie im Wasser bekommen /auch Schleim / und wie man sagt / den Saamen der anderen Fischen. Der Donner-Knall erschröckt die Aal-Fisch offt also / daß sie sich aus der Tieffe zu oberst auf das Wasser herauf begeben / und man sie alsdann leicht fangen kan. Von dem Kopff und Schweiff der Aalen hat man ein Abscheuen: ihr Blut oder Schweiß ist sehr schädlich / wann einem etwas darvon in die Augen kommt.

Durch den Aal-Fisch können die listige / boßhafft-und betrügliche Leuth verstanden werden / welche bey ihren Worten und Versprechen nicht können gehalten und bezwungen werden; dann sie schleichen durch oder schlüpffen aus durch allerhand falsche Sprüng und Ränck: und wann man vermeint / man habe sie schon bemeisteret und bezwungen / so geben sie sich doch nicht zur Ruhe / sondern wehren sich noch immer als wie der schon verstuckte Aal sich krümmet und windet.8 Und wie die Aal-Fisch den Schlangen gleich sehen / also seynd auch die boßhaffte Betrüger den Schlangen gleich / theils wegen der Arglistigkeit /theils wegen dem Gifft ihrer Falschheit. Sie haben offt ein langes starckes Leben (wann es doch ein Leben zu nennen ist) Impius multo vivit tempore in malitia sua, sagt der weise Ecclesiastes:9 Es ist ein Gottloser / der lang lebt in seiner Boßheit.

Die Aal-Fisch seynd gar annehmlich und wohlgeschmack zu essen / aber hart zu verdäuen und ungesund / wie Hippocrates schreibt: Anguillæ habent pinguedinem hominis naturæ maximè contrariam:10 Die Aal haben eine Fettigkeit / welche der Natur der Menschen sehr zuwider ist. Auch die listig- und schlauhe Betrüger seynd lieblich und angenehm wegen ihren schmeichlenden Worten und Gebärden /aber doch in der Sach selbsten sehr schädlich / und dem gemeinen Nutzen zuwider.

Absonderlich kommen die listige Betrüger mit den Aal-Fischen in diesem übereins / daß / gleichwie die Aal den anderen Fischen den Laich oder Saamen wegfressen / und ihnen die Brut oder Junge verderben /also thun diese betrüglicher Weiß anderen Leuthen den Rogen / das ist / die zeitliche Mittel hinweg rauben / und dardurch ihre Kinder und Erben ins Verderben stecken. Ein todter Aal / wie man schreibt /schwimmt niemahl oben auf dem Wasser / sondern fallet zu Boden / und bleibt da ligen / da wird man ihn verfaulter[401] finden / wann etwan das Wasser ablaufft. Eben also die listig- und boshaffte Betrüger / wann sie in Sünden gestorben und verdorben seynd / fallen sie in den Abgrund / und werden nimmermehr sich in die Höhe schwingen / oder zur Gnad und Glori auferstehen: An dem Jüngsten Tag / wann das große Welt-Meer biß auf den Grund ablauffet / da wird man sie in der Tieffe verfault oder verdorben liegen sehen.

Der Lachs oder Salm (wird insgemein für eins genommen / obwohlen etliche wiedersprechen) kommt urspringlich aus dem teutschen Meer her / und gehet auch öffters wieder dahin / doch thut er sich auch viel in starck- und fischreichen Flüssen auch gewissen Seen aufhalten / absonderlich in Nider-Sachsen / in der Elbe / in der Oder etc. und dergleichen Flüssen /die ins Meer fliessen.11 Es ist ein edler schöner delicater Fisch: sein Gestalt und Anmuthungen aber finde ich so unterschidlich beschrieben (wie es auch bey viel andern / absonderlich Meerfischen gehet) daß ich hiervon nicht viel für gewiß ausgeben mag. Dieses soll richtig seyn / daß er vielfältig und gewaltig wieder den Strom aufwerts schwimme / auch sich in die Höhe schwinge / oder überspringe / wann ihm mit dem Garn zugesetzt wird / oder sonsten was im Weg stehet: aber bey diesem aufsteigen oder aufwerts streichen wird er öffters und leichter gefangen: zu Zeiten treibt ihn auch der Gewalt des Stroms wieder zurück hinab / und also kommt er öffters in die gelegte Fischkörb.

Der Ursachen können durch diesen Fisch verstanden werden die jenige eigenstinnig- oder hartneckige Menschen / die in ihrem gefasten Wahn nimmer wollen nachgeben / sonder sich auf ihr Stärcke / Witz und Kunst verlassend wieder allen Beweißthum und Einrathen ein Ding gewaltsam wollen durchtringen / und also gleichsam wieder den Strom / das ist / wieder die Natur und Verordnung GOttes gehen / indem sie fast unmöglicher Dingen / oder ihre Kräfften übertreffender Geschäfft und Künsten / als zum Exempel Gold zumachen und dergleichen etc. sich unterfangen. Aber sie werden öffters von dem Strom zuruck getrieben /das ist / sie müssen unverrichter Sachen von ihrem Vorhaben abstehen / sie gehen in den Korb ein / als wie der Salm oder Lachsfisch / oder bleiben an einem Stricklein hangen etc. Diesen soll man mit den Worten Exodi. c. 8. v. 8. in die Ohren schreyen: Stulto labore consumeris, ultra vires tuas est negotium:12 Du thust unweißlich / das Geschäfft ist über dein Vermögen? Und wiederum: noli resistere contra faciem potentis, & ne coneris contra ictum Fluvii: Wiederstrebe nicht dem Gewaltigen / und strebe nicht mit Gewalt wieder den Strom.

Auch die Forellen seynd herrliche / gesunde und stattliche Fisch: Der gelehrte Griechische Atheneus nennet sie ein wohlnährenden Fisch: Es gibt zwar unterschidliche Gattungen derselben / welche unterschidlich gefärbt / und gesprecklet seynd.13 Die Forellen halten sich gern auf in mineralischen Wasseren / die aus den Bergen fliessen / und etwas weniges von Metallen vermengtes mit sich führen / und wann sie nur ein solches kleines Bächlein antreffen / so verlassen sie gleich andere Fluß und See / halten sich da auf / und vermehren sich starck: sie gehen auch gegen dem Wasser und immerdar höher / seynd starck und schnell. Ihr Speiß seynd Wassermucken / Wasserwurm und Schnacklein / auch kleine Fischlein etc.

Von einem starcken Donnerklapf sollen die Forellen also erschröcken und erstaunen / daß sie unbeweglich stehen bleiben / also daß sie zur selben Zeit /wann man gleich darbey ist / wohl mögen mit Händen gefangen werden.

Diesen Fischen seynd diejenige Menschen gleich /welche immerdar gantz begierig und starck den Mineralischen Wasseren / das ist / den jenigen Gelegenheiten nachgehen / welche etwas von Metall / von Silber und Gold mit sich führen / wo sie einen Profit oder Gewinn machen können / da halten[402] sie sich gar gern auf / in ein solches Wasser / in ein solche Gelegenheit seynd sie gäntzlich verliebt und vertieffet: Aber diese geitzige und Geldgierige Menschen schwimmen offt als wie die Forellen / mit Gewalt wieder das Wasser /wieder den Strom / und zwar immerdar höher / ich will sagen / wieder Recht und Billichkeit / wieder GOtt und das Gewissen wollen sie mit Gewalt reich und hochangesehen werden / biß daß etwan gehling ein starcker Donnerklapf / das ist / ein grosses Unglück / ein schwere Straff GOttes über sie kommt /selbe erschröckt / erstaunend und stillstehen / oder in dem Lauff der Ungerechtigkeit abstehen machet / also daß sie sich gefangen geben und bändigen lassen etc.

Die Felchen seynd wohl bekante Seefisch / die zu gewissen Zeiten in unterschidlichen Seen des Teutschlands in grosser Menge gefangen / doch nach Zunahm des Alters und Wachsthums unterschidlich benamset werden / als nemlich zu erst / da sie noch klein seynd / Gangfisch / hernach Rencken / und letzlich Felchen /eine zwar weiß-andere aber blaue Felchen.14 Ihr Art solle seyn / daß sie begierig den Rogen anderer Fischen wegfressen / und deßwegen in der Gemeinschafft anderer Fischen schädlich seyen: Gewiß ist es / daß sie ausser dem Wasser nicht leben können / und wann man sie nicht einsaltzet / faulen sie bald: Also die unnütz- und müßige Menschen fressen den Rogen / oder verzehren die Früchten und Mittel / die Mühe und Arbeit der anderen / und deßwegen seynd sie schädlich in einer Communität oder gemeinem Wesen.

Sie haben auch die Schärpfe des Saltzs nothwendig / das ist / sie müssen mit Ernst und Strengheit zur Gebühr und zur Arbeit angehalten werden / sonsten verfaulen oder verderben sie vor Trägheit etc.

Noch viel andere Fische thue ich theils Kürtze halber mit stillschweigen umgehen / theils der Ursachen /weilen ich keine sonders merckwürdige Eigenschafften an ihnen finde / welche füglich auf die Sitten der Menschen möchten ausgedeutet werden.

Quelle:
Kobolt, Willibald: Die Groß- und Kleine Welt, Natürlich-Sittlich- und Politischer Weiß zum Lust und Nutzen vorgestellt [...]. Augsburg 1738, S. 401-403.
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