[412] Frau Staar – Sabine.
FRAU STAAR. Nun Sabinchen, jetzt rühre dich. Die Garnitur von Damast muß auf den Tisch. Sie sollte zwar erst morgen an deinem Verlobungstage prangen –[412]
SABINE. Je nun, liebe Großmutter, wer weiß was heute geschieht.
FRAU STAAR. Wie? ziehst du andre Saiten auf? der Fremde, nicht wahr?
SABINE. Freilich, der Fremde.
FRAU STAAR. Wir bitten ihn zur Hochzeit?
SABINE. Das versteht sich.
FRAU STAAR. Er sitzt obenan.
SABINE. Er soll neben mir sitzen.
FRAU STAAR. Nein, Kind, das geht nicht, da sitzt der Bräutigam.
SABINE. Recht liebe Großmutter.
FRAU STAAR. Und an der andern Seite Brautvater, und gegenüber sitz' ich, und neben mir, da mag er sitzen.
SABINE. Ich will ihm schon ein Plätzchen anweisen, mit dem er zufrieden sein soll.
FRAU STAAR. Vielleicht kann er auch deinem künftigen Manne weiter forthelfen.
SABINE. Das denk' ich.
FRAU STAAR. Es ist schon lange im Werke mit dem Sperling, daß er Runkelrübenkommissionsassessor werden soll. Das wäre denn doch ein feiner Titel.
SABINE. Ein recht süßer Titel. – Also die Garnitur von Damast?
FRAU STAAR. Ja Binchen. Ich habe sie noch als Braut gesponnen. Dein Großvater hat oft dabeigesessen.
SABINE. Da ist der Faden wohl manchmal abgerissen?
FRAU STAAR. Schalk! nun freilich –
SABINE. Ich hole sie, und denke dabei an die treue Liebe. Ab.
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