5. Anakreontische Ode

[12] Grüne Büsche, bunte Gänge,

Euer reizendes Gepränge

Macht der angenehme May,

Nach verjagtem Winter, neu.


Doppelt seyd ihr schön zu schätzen,

Doppelt könnt ihr uns ergötzen

Durch der Blumen farbigt Heer,

Durch der Schönen Zahl noch mehr.


Manchen Schwarm von Schmetterlingen

Sieht man sich um jene schwingen;

Die verfolgt oft zum Verdruß

Des geputzten Thoren Fuß.


Stets verjüngt sich euer Prangen,

Wenn ihr das, was euch vergangen,

Was euch jeder Herbst entreißt,

Jeden Frühling schöner weist.


Doch auf ewig ist dein Prangen,

Liebster Ort, für mich vergangen,

Nichts ergötzt hier meinen Geist,

Wo sich Hannchen nicht mehr weist.

Quelle:
Abraham Gotthelf Kästner: Gesammelte poetische und prosaische schönwissenschaftliche Werke, Theil 1 und 2, Teil 2, Berlin 1841, S. 12.
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